Humanisten bereiten Leserbriefe der Dürener Zeitung DZ keine Freude. Um dennoch einen Gewinn aus der DZ zu erzielen, werde ich an Hand von Leserbriefen beginne ich einen Kurs für Anfänger und Fortgeschrittene I in Antisemitismus.
Sie werden sich fragen, ob dies nicht kontraproduktiv sei, denn auch Antisemiten profitieren aus dem Lehrgang.
Sicher. Die Wahrscheinlichkeit ist äußerst gering, dass der Antisemit anschließend seinen Hass erkennt und ein anständiger Mensch wird, dem Antisemitismus abschwört. Doch steht uns in Deutschland nur die Macht des Wortes zur Verfügung, um Juden zu schützen.
Und: Die Feder ist schärfer als das Schwert.
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Montag, 14. Januar 2013
Dürener Zeitung / Leserbriefe / Seite 11
Gleichsetzung von Israel und Judentum mit fatalen Folgen
Dr. HJ aus Aachen äußert sich zum Antisemitismus-Vorwurf gegen den Verleger und Journalisten Jakob Augstein:
Die Vorwürfe gegen Jakob Augstein wegen angeblichem Antisemitismus haben wieder einmal gezeigt, wie einfach und wirksam die Antisemitismuskeule gegen Israel-Kritiker angewendet wird. Immer wieder wird versucht, Kritik an der menschenverachtenden und völkerrechtswidrigen Politik Israels als Antisemitismus zu bewerten und damit abzuwerten oder mundtot zu machen. Tatsächlich fördert dies jedoch den Antisemitismus in Deutschland.
Erstens rein statistisch: Wenn alle Israelkritiker als Antisemiten eingestuft werden, so steigt deren Zahl zwangsläufig. Zweitens führt die dabei angewandte Gleichsetzung von Israel und Judentum dazu, dass das gesamte Judentum für die Verbrechen in Palästina verantwortlich gemacht wird. Jede undifferenzierte Solidarisierung jüdischer Gremien mit der israelischen Politik verstärkt diese fatale Wirkung.
KHP aus Aachen schreibt zur Verschärfung der Kritik durch Henryk M. Broder:
Henryk M. Broder verhält sich wie ein Hund, der an Tollwut erkrankt ist und grundlos um sich beißt. Wie kann man sich als Nichtantisemit gegen solch einen völlig außer Kontrolle geratenen Menschen zur Wehr setzen?
Und glaubt Broder allen Ernstes, damit den Juden in aller Welt einen Gefallen zu tun? Eher ist das Gegenteil der Fall. Damit spielt er denjenigen in die Hände, die sich von diesen Entgleisungen in ihrer antijüdischen Haltung bestätigt sehen. Selbst bis dato eher positiv dem Judentum gegenüberstehende Menschen könnten nach diesen verbalen Entgleisungen Broders ihre Position überdenken. Denn wer lässt sich schon gern ohne Grund derart aggressiv attackieren und diffamieren?
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Diese Meinungen sind ausgezeichnete Beispiele für den modernen Antisemitismus. Zuerst wird Israel vorgeschoben, um Juden anzugreifen. Wehrt sich der Jude, so wird er attackiert. Er wird nicht ad rem (zur Sache) angegriffen, denn die Einwände des Juden finden kaum, meist keine Erwähnung. Er wird ad personam (zur Person) angegriffen und zwar nicht als Mensch, nicht einmal als Jude, sondern als entmenschliches, dämonisiertes Wesen, hier als tollwütiger Hund, dessenTötung erforderlich ist. Das Entmenschlichen des Juden ist allen Antisemitismen gemeinsam und hat im deutschen Nationalsozialismus seine höchste, vollkommene Blüte erfahren.
Als nächstes wird der Jude, der sich wehrt, bedroht. Demographisch und auch ohne Begründung wird ihm vor Augen geführt, dass sein Kampf zu einer Zunahme des Antisemitismus, zu Gewalt gegen Juden in Deutschland führen wird, für die allein der sich wehrende Jude schuld ist. Den anderen Juden wird der gute Rat erteilt, sich von Israel zu entsolidarisieren, öffentlich sich gegen Israels Politik zu bekennen, um dem angedrohten Schicksal des sich wehrende Juden zu entgehen.
Diese Drohung verfehlt nicht ihre Wirkung, obwohl die Vorsehung auch die Juden und ihre nicht-jüdischen Nachkommen trifft, die sich vom Judentum und Israel „erfolgreich“ abgesondert haben. Juden in gehobener Position versuchen, den sich wehrenden Juden zunächst zu beschwichtigen, dann totzuschweigen. Sie handeln in der fatalen Annahme, die übrigen Juden zu schützen, wenn sie den einzelnen, sich wehrenden Juden opfern, der antisemitischen Meute zum Fraß vorwerfen. Somit lässt sich die öffentliche Relativierung Augsteins mancher prominenter Juden erklären.
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Der folgende Leserbrief auf derselben Seite ist ein Beispiel für den ordinären Antisemitismus.
DS aus Aachen befasst sich noch mal mit dem Thema Beschneidung:
Die Beschneidung ist ein sichtbares Zeichen für die Zugehörigkeit zur Religion und bedeutet eine Schwächung des Geschlechtsorgans, um den Einzelnen auf das Wesentliche, nämlich die Verehrung Gottes, zurückzuführen. Für das Judentum und den Islam ist die pure Sexualität das Böse schlechthin. Im Christentum darf ein Jugendlicher seine Religion wechseln. Wenn ein Jude seine jüdische Religion aufgeben oder ändern will, kann er das, was die Lehre anbetrifft, jedoch die körperliche Schädigung ist nicht rückgängig zu machen. Rechtlich gesehen gibt es Unterschiede zwischen Mann und Frau: Die Beschneidung der Mädchen, wie sie nach dem Islam gefordert wird, ist in Deutschland verboten. Dagegen will man ein Gesetz verabschieden, das die Beschneidung der Jungen erlaubt.
Die vorgebrachten „Argumente“ verfangen, wenn sie häufig genug wiederholt werden (Goebbels). Alle Argumente sind erfunden, sollen Ressentiments, Minderwertigkeitskomplexe aufwühlen, um das antisemitische Ziel zu erreichen.
Warum werden solche Leserbriefe veröffentlicht?
Weil das Gebot des Appeasement für Juden nicht gilt.
Weshalb werden solche Leserbriefe nicht den Behörden angezeigt?
Die Freiheit der Meinung und der Kunst ist in der Demokratie ein hoher Wert, der nicht für eine Minderheit, die zudem selber an ihrem Schicksal schuldig ist, aufgeweicht wird.
Der Kurs wird fortgesetzt.
genau das ist ja der Punkt. Es ist unglaublich, aber “Täter haben auch Rechte!”
hab ich schon beim Hessenhenker aber erkannt.
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Sehr schön, nein unschön, weil mal wieder mitten drauf.
Ergänzung: „Die Vorwürfe gegen Jakob Augstein wegen angeblichem Antisemitismus…“
Darin steckt ein logischer Fehler, durch den sich der Verfasser verrät. Denn dem Augenstein wurde nicht angeblicher Antisemitismus vorgeworfen.
Der Verfasser hätte den Fehler vermieden, indem er von falschen Vorwürfen geschrieben hätte. Weil für ihn jedoch Antisemitismus wohl immer mit „angeblich“ verknüpft ist, macht er schon im ersten Satz deutlich, aus welcher Ecke er kommt.
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Danke für die Aufmerksamkeit! Man findet immer mehr, wenn man buddelt.
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Lieber Dr. Warszawski,
vielen Dank für diese Ausführungen.
Ja, der Antisemitismus steckt in Deutschland in vielen (allen?) „Ritzen.
LG Paul
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