Made in Poland

Die Thora der Juden, die Fünf Bücher Moses, lässt sich in einem deutschen Spruch zusammenfassen: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu!

Das Original der Thora lautet in der Übersetzung: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!

Dieser Satz ist gleichwertig dem Spruch: Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein!

Wenn Europa nicht gerade sein bedeutungsvolles Parlament wählen lässt oder den Krümmungsgrad von Gurken, die Saugkraft von Staubsaugern oder die Helligkeit von Kerzen festlegt, widmet sie sich dem ungefährlichen Teil des Nahen Ostens, also nicht Syrien, Libanon und dem Irak, sondern Israel. Trotz – oder wegen – den nun selten gehörten bedeutungsschweren Parolen „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“ verschließt Europa fest die Augen vor den Massenmorden in Syrien, die, vom Irak kommend, auf den Libanon übergreifen. Europäische Werte enden irgendwo mitten im Mittelmeer. Europa fühlt sich verpflichtet, ertrinkende Flüchtlinge zu retten, ohne sie aufzunehmen. Europa fühlt sich verpflichtet, in Syrien Frieden zu stiften, ohne sich selber einzubringen. Diese unauflöslichen Widersprüche verlangen nach einem Befreiungsschlag, traditionell gegen Juden.

1967 besiegte Israel mehrere arabische Länder, die den Judenstaat auslöschen wollten. Das Königreich Jordanien verlor damals das Gebiet westlich des Flusses Jordan, Cisjordanien, Westjordanland oder Westbank genannt, welches Transjordanien 20 Jahre vorher selber erobert hatte, bevor es sich in „Jordanien“ umbenannte. Auch wenn die Annexion Cisjordaniens durch Transjordanien, das spätere Jordanien, von kaum einem Staat oder einer politischen Organisation anerkannt wurde, so bemerkte dies kein Staat der Erde, auch kein späterer EU Staat. Die Eroberung der Westbank durch Transjordanien, das spätere Jordanien, samt der arabischen Bevölkerung nach der Vertreibung der seit mehreren Jahrtausenden dort ansässigen Juden, war den europäischen Staaten und ihren Bürgern keiner Erwähnung wert.

Das änderte sich, als die Juden Israels die Westbank übernahmen. Ihrer Religion und Moral verpflichtet, begingen sie einen unverzeihlichen Fehler, als sie die erst vor wenigen Jahrzehnten eingewanderten Araber nicht vertrieben. Irgendwann verzichtete der jordanische König auf die Westbank. Er verzichtete auf das Land für die dort lebenden Arabern, nicht für die Juden. Damals konnte sich kein vernünftiger Mensch, selbst kein Europäer, vorstellen, dass dieser Wahn Allgemeingut werden würde.

Nun besetzt Israel mit der Westbank jüdisches Land, was aufgeklärten Europäern, die zum Antisemitismus neigen, ein Frevel ist. Sie fühlen sich im Recht, weil es genügend Juden innerhalb und außerhalb Israels gibt, die die Annexion der Westbank durch den Judenstaat nicht akzeptieren. Einige Juden sind von moralischen Skrupeln geplagt, andere sonnen sich in ihrer Israel kritischen Einstellung, die Mehrzahl erhält für die Verbreitung ihrer Meinung Geld aus Europa und den USA.

Wer die Anzahl und Farben von Mülltonen für Millionen von Europäern festlegt, hat keine Probleme mit der Umbenennung von Staaten. Produkte aus Israel, deren Fertigung außerhalb der Waffenstillstandslinie von 1949 erfolgt, sollen nach Willen allmächtiger europäischer Bürokraten nicht mehr unter der Marke „Made in Israel“ verkauft werden dürfen, sondern unter den holperigen Namen „Product from Israeli settlement (West Bank/Golan Height/East Jerusalem)“. Als abenteuerliche Begründung geben die Bürokraten vor, dem europäischen Volkswillen entgegen zu kommen. Der aufgeklärte europäische Israelkritiker habe ein Recht zu erfahren, wo auf dem Zentimeter genau das Judenprodukt hergestellt worden ist. Denn hätten die Nationalsozialisten seinerzeit statt „Hergestellt in Deutschland“ wahrheitsgemäß „Hergestellt im KZ“ auf die Ware gedruckt, so wäre den KZ-Juden viel Leid erspart geblieben.

Mit der Vereinigung zwischen BRD und DDR hat sich Groß-Deutschland verpflichtet, auf die östlichsten Gebiete, wie Schlesien und Ostpreußen, zu verzichten. Diese Gebiete gehören seitdem rechtmäßig den Eroberern, also der Sowjetunion oder Russland und Polen, dem die Sowjetunion den größten Teil Ostdeutschlands geschenkt hat, nachdem sie ihrerseits den Polen ein saftiges Stück Land entrissen hatte. Die Produkte, die in Westpolen hergestellt werden, dürfen seitdem nicht mehr unter dem Label „Made in Germany“, sondern nur unter „Made in Poland“ vertrieben werden. Einige europäische Bürokraten nehmen ihre eigenen Vorstellungen derart genau, dass sie nicht bemerken, dass die Verordnungen nur für Israelis, keinesfalls für Europäer oder gar für Deutsche gelten. Diese verstockten Bürokraten haben ernsthaft vorgeschlagen, Produkte aus Polen, die aus deutschem Knowhow und Kapital entstanden sind, nur unter der Marke „Made in Poland“ zu verkaufen, sogar wenn der Produktionsort in bis 1989 rechtlich zu Deutschland gehörenden Teil Polens liegt.

Somit schließt sich der Kreis und die Worte der Bibel bewahrheiten sich in Numeri 24;9:

Wer dich segnet, sei gesegnet. Wer dich verflucht, sei verflucht.

Erschienen unter

http://www.huffingtonpost.de/nathan-warszawski-/made-in-poland_b_5185753.html

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6 Antworten zu Made in Poland

  1. Schum74 schreibt:

    In Europa liebt man halt die Araber, im Besonderen die palästinensischen. Da ist nichts zu machen.
    Oder wie das Friedrich Dürrenmatt (Zusammenhänge. Essay über Israel, eine Konzeption, Zürich 1976, S. 135) einmal so elegant formuliert hat:
    „Kein Mensch ist heute mehr Antisemit, man versteht nur die Araber.“

    Am Ende des Artikels war ich versucht zu sagen „Amen“, als mir einfiel, dass Sie den Propheten Bil’am, Bil’am ha-Rascha, zitieren.
    „Amen“ sage ich zu den fast gleich lautenden Worten von Ha-Schem zu Awraham Awinu in Gen 12, 3:

    וַאֲבָרכָה מְבָרֲכֶיך וּמְקַלֶלְך אאור ונברכו בך כל משפחות האדמה. (ברשית יב, ג)

    Wa-awarcha Mewarachécha u-Mekalelcha aor we-niwrechu wecha kol Mischpechot ha-Adama.

    [Und ich werde segnen, die dich segnen, und wer dir flucht, den werde ich verwünschen, und es werden sich segnen mit dir alle Geschlechter des Erdbodens. (Gen 12, 3; Leopold Zunz)]

    Wozu Num 24, 8-9 bemühen, wenn man Gen 12, 3 hat?

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    • Aristobulus schreibt:

      Ich komme aus dem Staunen nicht heraus…

      Der dritten Teil des Satzes ist die Synthese und der Sinn des vorherigen Auseinanderklaffens, und er löst dessen Selbstbezüglichkeit auf.
      Nur Ho’Schejm (bin versucht, „ah, typisch Ho’Schejm!“ zu rufen) kann den dritten Teil sagen.

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    • anti3anti schreibt:

      Beide Stellen sind ähnlich, jedoch nicht gleich. Der große Unterschied:
      In Genesis gibt G-tt Abraham und damit dem Volk Israel ein Versprechen auf dem Weg nach Kanaan, in Numeri spricht zu und segnet G-tt Israel durch Bilam von Ägypten kommend auf dem endgültigen Weg ins Heilige Land. Bilam hatte zunächst vor, Israel zu verfluchen.
      Numeri ist realistischer!

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      • Schum74 schreibt:

        Lieber Anti,

        Soll ich Ihnen sagen, was ich gedacht habe? Dass Sie Bil’ams Aussage (am Ende von 24, 9) um des ausgelassenen Anfangs willen bevorzugen. (Arme Kanalratte! Jetzt muss ich in die Einzelheiten gehen.)

        Ob Dr. W. uns einlädt, die Passage selbst nachzuschlagen? So verfährt Raschi in der Parsche dieser Woche. Nennt das Eine und hofft, dass der Leser das Andere dazu entdeckt.

        Und was stellt sich heraus? Zunächst, dass Passuk 9 mit dem vorigen zusammenhängt. Hier 8 und 9 zusammen:

        אלקים מוציאו מִמצרים כְתועפות רְאֵם לו יאכל גוים צריו ועַצמותיהם יְגָרֵם וְחִצָיו יִמחָץ. כָרַע שָכַב כַאֲרי וּכְלָביא מי יְקימֶנו מְבָרֲכֶיך ברוך וְאורֲרֶיך אָרוּר. (במדבר כד, ח, ט)

        Elokim mozi’ó mi-Mizrajim ke-Toafót Re’ém lo jochál Gojim Zaráw we-Azmotejhém jegarém we-Chizáw jimcház. Kará schacháw ka-Ari u-che-Lawi mi jekiménu mewarchécha waruch we-orerécha arur.

        Die Rede ist von Am Israel:

        [Gott, der es aus Mizrajim geführt, wie die Höhen des Rëem ist er ihm; es wird verzehren Völker, seine Dränger, und ihre Gebeine zermalmen und seine Pfeile zertrümmern.
        Er läßt sich nieder, streckt sich gleich Leu und Löwin, wer will ihn aufreizen? Wer dich segnet, ist gesegnet, wer dich verflucht, ist verflucht. (Num 24, 8-9; Zunz)]

        Präzisiert Raschi fein zu „jochál Gojim Zaráw“ – „es wird verzehren Völker, seine Dränger“:

        יאכל גוים צריו

        יאכל את הגוים שהם צריו.

        Jochál et ha-Gojim sche-hem Zaráw.

        [Es wird die Gojim auffressen, weil sie (insofern als sie) seine Peiniger (Dränger) sind.]

        Jetzt Raschi zu: „kará schacháw ka-Ari“ – „er geht nieder, kauert wie ein Löwe“:

        כָרַע שָכַב כַאֲרי

        כתרגומו יתישבו בארצם בְכח וּבִגבוּרה.

        Ke-Tirgumó jitjaschwu be-Arzám be-Chóach u-wi-Gwura.

        [Entprechend der (Onkelos-)Übersetzung: Sie werden sich in ihrem Land mit Stärke und Tapferkeit niederlassen.]

        Darauf also wollte W. hinaus, deshalb der Hinweis auf Bil’am. Ein ganz Schlauer, dieser W. hab ich mir gedacht.

        Ihre Begründung leuchtet mir jetzt ein. Auch schön.

        „ah, typisch Ho’Schejm!“: großartig!

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  2. Page jun. schreibt:

    Lieber Schum74,
    vielen Dank für ihre vorzüglichen Kommentare, falls Sie in Aachen oder Umgebung wohnen möchte ich ihnen das Café Hebräisch der BAK ans Herz legen, nächstes Thema, die Josefsgeschichte (warscheinlich inklusive Rashi Kommentare). Alles Gute, CEP

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    • Schum74 schreibt:

      BAK? Ich kenne eine Gruppe, die sich BAK Shalom nennt – vielmehr: genannt hat -, gibt es nicht mehr. Eine Handvoll parteilinker Israel-Unterstützer. Aber die meinen Sie sicher nicht. Wohne ohnehin in Berlin.
      Danke für die freundlichen Worte. Lajla tow.

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