Postnationalismus

Der Postnationalismus ist ein Gedankenkomplex, der unter „Nicht-Nationalismus“ fällt. Postnationalisten sind Menschen, die sich nicht einer Nation oder einem Nationalstaat verpflichtet fühlen, sondern einer übergeordneten und größeren Gruppe angehören wollen. Der Postnationalismus folgt zeitlich dem Nationalstaat, benötigt ihn als Vorläufer, der Nicht-Nationalismus hingegen braucht keinen vorausgehenden Nationalstaat.

Im Folgenden werden beide Begriffe austauschbar verwendet.

Der Grundgedanke der Europäischen Union EU besteht darin, dass sich der Postnationalismus durchsetzt. Er herrscht schon heute dort, wo Bürger sich für die Zugehörigkeit zu einem Nationalstaat schämen und ihn zu überwinden wünschen. Deutschland ist Vorreiter. Diese Bürger unterstützen jegliche Zuwanderung von Menschen, unabhängig davon, ob sie gebraucht werden oder vom Staat, eigentlich der Gesellschaft, alimentiert werden müssen. Die Zuwanderer brauchen nicht einmal die Landessprache zu verstehen.

Das Motto der deutschen Postnationalisten lautet: Kein Mensch ist illegal. Abstrakt ist der Satz absolut wahr, in der Praxis führt er zum Bürgerkrieg, dann zur Vernichtung des Staates, oder umgekehrt. Dies ist den Postnationalisten bewusst. Als nachahmenswerte Beispiele dienen Syrien und der Irak nach oder auch vor ihrer Unterjochung durch den Islamischen Staat IS.

Die scheinbar planlose Einwanderung ist die Folge des Postnationalismus. Der Grund, Deutschland zu verachten, liegt in den beiden Weltkriegen, die Deutschland begonnen und verloren hat. Insbesondere die Schuld des Holocausts während des Zweiten Krieges drückt überschwer. Die Auseinandersetzung mit einem der größten Verbrechen der Menschheit ist missglückt. Der Antisemitismus, der zu diesem für Juden singulären Unglück geführt hat, ist nach dem Krieg nicht verschwunden, er wurde nur unterdrückt. Nun bricht er wieder aus. Für einen antifaschistischen Deutschen, wofür sich die meisten Meinungsbildner halten, ist damit das Todesurteil für Deutschland gesprochen. Die forcierte Immigration von Menschen, die eher der Gemeinschaft schaden als nützen, ist ein probater Weg, das Todesurteil zu vollstrecken.

Für nicht wenige Postnationalisten ist selbst die EU noch zu klein. Sie streben das Aufgehen Deutschlands und aller anderen Staaten in eine Weltregierung, selbst wenn diese Regierung eine Diktatur ist und in den USA liegt. Ein Krieg, wenn überhaupt, ist für Postnationalisten nur denkbar, wenn die UNO diesen befiehlt. Eine militärische Auseinandersetzung, um einen Völkermord zu bekämpfen, ist nicht möglich und nicht vorgesehen, schon gar nicht ein militärischer Einmarsch um wirtschaftliche Vorteile.

Eine weitere bekannte Gruppe, die sich dem Nicht-Nationalismus verschrieben hat, sind die Juden. Nachdem sie vor beinahe 2.000 Jahren von den Römern besiegt und aus ihrer Heimat, die heute seltsamerweise Palästina heißt, vertrieben worden sind, haben sie über keinen Nationalstaat verfügt, der ihnen ermöglicht hat, ihr Leben selber zu verteidigen. Ein Drittel der jüdischen Nicht-Nationalisten ist deshalb von den deutsch-nationalen Sozialisten und ihren Helfern ermordet worden.

Mit der Gründung des Staates Israel verlieren viele Juden den Status der Postnationalisten. Der über 2.000 Jahre vaterlandslose Jude wird zum Nationalisten! Da nur die Hälfte aller Juden in Israel lebt, dürfen die verbliebenen Juden als Postnationalisten angesehen werden. Doch ihre Wirtvölker betrachten diese wandernden Juden als Anhänger und 5. Kolonne des Judenstaates. Die Meinungsmacher Deutschlands misstrauen ihnen nicht nur, sondern bekämpfen sie zusätzlich. Da nützt auch nichts die Wahl eines überkorrekten, einem Cartoon entsprungenen deutschen Juden, der ohne Akzent seine Muttersprache Deutsch spricht, zum Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland.

Die weltweit größte Gruppe der Nicht-Nationalisten bilden Muslime der Umma. Zur Umma gehören nach dem Willen des Religionsstifters und weiterer offizieller Muslime alle Menschen, die sich zum Islam bekennen. Alle gottergebenen allgemein bekannten Menschen, wie Abraham und Jesus, sind Muslime, auch wenn der Islam nicht vor dem 6. Jahrhundert entstanden ist. Folglich sind alle gute Menschen Muslime, weshalb die Konversion zum Islam nur eine lästige Floskel ist. Den Nicht-Muslime ist noch nicht bewusst, dass auch sie bald der Umma angehören werden.

Wie verhalten sich Postnationalisten zueinander? Nach Marxistischer und anderen historischen Lehren sind alle Postnationalisten in Frieden miteinander lebende Brüder, da nur der Nationalstaat aus niedrigen Beweggründen Kriege führt. Der bisher siegreiche Kampf des IS ist keine Ausnahme der von Gott vorgezeichneten Geschichte. Islamisten dürfen keine Muslime sein und gehören somit nicht der friedliebenden Umma an.

Deutsche Meinungsmacher und Muslime sind infolgedessen Verbündete. Juden hätten nicht einmal Teil dieses Friedensbündnisses sein können, wenn sie auf die Eigenstaatlichkeit verzichtet hätten. Konsequenterweise sind deutsche Meinungsmacher und Muslime gegen einen unabhängigen Staat Kurdistan. Sie sind jedoch für die Anerkennung eines judenreinen Palästinas, um den Juden vorzugaukeln, dass sie sich den Postnationalisten und der Umma anzuschließen dürfen.

So wird es verständlich, weshalb Rechte und Linke gemeinsame Sache mit Muslimen machen, wenn es gegen Juden und Israel geht. Die Postnationalisten haben den üblichen gemeinsamen Feind wiederentdeckt. Wie der Jude gleichzeitig die Schuld am Kommunismus und am Kapitalismus trägt, so ist er nun zusätzlich und gleichzeitig Schuld am Nationalismus und am Anarchismus. Dem Juden gelingt es, Feuer und Wasser, Nazis und Pazifisten, Islamisten und deutsche Rechtsradikale zusammenzuführen.

Es wächst zusammen, was zusammen gehört!

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19 Antworten zu Postnationalismus

  1. Aristobulus schreibt:

    Guter, sorgfältiher, harter Artikel, der die Begriffe haargenau trifft.

    – Habe neulich den Postnationalismus in reiner Unkultur am Werk gesehen, bei einem Gang durch das Viertel, in dem ich einst sieben Jahre gewohnt hatte. In den Seitenstraßen schwarz verschleierte Nichtwesen, verhüllt bis auf die Augen, sogar zwischen den Augen zugeschleiert, diese Augenlöcher, pure Gespensterumhänge.

    Ein paar Schritte weiter lungerten Bärtige in weißen Nachthemden vor einem rotten Gebäude aus den Sechzigern (noch rotter als vor nicht langer Zeit), krähten einander auf Arabisch zu, hielten sich schlecht, obgleich Herrenmenschen, reckten dünne Bärte sinnlos in die Luft, starrten mich an.

    Auf der Hauptstraße deprimierte Menschentrauben mit finsteren Mienen (schon die postnationalistischen Deutschen haben finstere Mienen woanders, aber die Islamiker sind in dieser Hinsicht ultradeutsch), Gruppen von Jungarabern, die hinter einem herrufen, und die Geschäfte bieten alle das Selbe an und heißen Hosgeldiniz und Teheran und Ali.

    Ein besonders rottes Gebäude trug den Namen „Islamic Center“. In US-Orthographie geschrieben. Das wissen sie nicht!, dass sie da die Schreibweise des großen Satans verwenden.
    Und sie verweden diese Mobiltelefone mit Chips aus Israel, was sie auch nicht wissen, weil sie selber keine bauen können. Desob röhren sie abgehackt hinein. Es klingt immer wie’n Befehl, „marsch-marsch akbar!“

    Man will gar nicht wissen, wie dorten die postnationalistischen Syrer, die postnationalistischen Libanesen, die postnationalistischen Türken und die postnationalistischen Iraner einander hassen. Sie verübeln es den postnationalistischen Deutschen, die sie in postnationalistischen Massen hereingelassen haben.

    Tja, ist man selber nun Rassist oder Altnationalist, so als a antinational zionistischer Jid?

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    • schum74 schreibt:

      Auch Deine Beschreibung ist nicht dazu angetan, die Stimmung nach Lektüre dieses in der Tat guten und harten Artikels zu erhellen.
      Zu wissen, dass das Alles gewollt ist, und dass die darüber bedrückten Europäer alle vier-fünf Jahre ihre Liquidatoren an der Macht bestätigen – man greift sich an den Kopf!

      „une machine à broyer les peuples“ nannte einmal Jemand Europa. Genauer geht’s nicht.

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  2. schum74 schreibt:

    „Der Grundgedanke der Europäischen Union EU besteht darin, dass sich der Postnationalismus durchsetzt.“

    Kein Geringerer als Joschka Fischer gibt darauf Brief und Siegel. Wie hat er’s im „Institut für gesellschaftswissenschaftliche Information“ der Russischen Akademie der Wissenschaften 2011 formuliert?

    „Man wird diese EU nicht verstehen, wenn man nicht versteht, dass sie im Kern gegen den Nationalismus gebaut ist.“ (Spiegel-Online, 31.05.2011)
    http://www.spiegel.de/politik/ausland/joschka-fischer-in-moskau-europas-letzter-optimist-a-765836.html

    Was sich daraus ergibt, benennen Sie ebenso kühl wie kühn: das Expansions-Streben der EU, die forcierte Einwanderung von Menschen, denen das Aufnahmeland zumindest gleichgültig ist, die Sympathie für die Uma und der offene Hass auf Israel.

    Wenn eine Hypothese vielfältige, auf den ersten Blick nicht zusammenhängende Erscheinungen erklären kann, dann hat sie alle Chancen, richtig zu sein. Diese muss richtig sein, wofür auch spricht, dass sie einen bedrückt.

    Auch hierin bekommen Sie Bestätigung aus berufenem Mund. Diesmal vom israelischen Historiker Yoram Hazony in seinem lesenswerten Essay: „Ist die Idee des Nationalstaats überholt? Israel aus europäischer Sicht“ (Merkur, 65. Jahrgang, Heft 740, Januar 2011):

    Wenn Deutschland und Frankreich kein Existenzrecht als unabhängige Staaten haben, warum sollte dann Israel dieses Recht haben? Und wenn niemand bereit ist, auch nur eine Träne zu vergießen an dem Tag, an dem das Vereinigte Königreich und die Niederlande endgültig der Vergangenheit angehören, warum sollte irgendjemand sich im Fall Israels anders verhalten? Im Gegenteil – während die Juden und ihre Freunde weiterhin angsterfüllt von der „Vernichtung Israels“ sprechen, flößt diese Formulierung den Vertretern der verschiedenen Richtungen des neuen Paradigmas keine Angst mehr ein, manche von ihnen gestatten sich bereits, öffentlich von den politischen Maßnahmen zu träumen, die dem jüdischen Staat das Ende seiner Existenz ermöglichen werden.

    Und weiter über die „Auflösung des Nationalstaatsparadigmas durch den europäischen Einigungsprozess“:

    Es übt bereits einen tiefgreifenden Einfluss auf die Einstellungen gegenüber Israel aus und verdrängt traditionellere Faktoren. Es gewinnt weiterhin an Stärke und breitet sich aus, ohne dass ein Ende abzusehen wäre. Und es ist eine Macht, mit der anscheinend niemand unter den Freunden und Verbündeten Israels umzugehen weiß. Darüber hinaus hat diese eine spezifische Idee – dass der Nationalstaat nicht die angemessene Regierungsform für ein zivilisiertes Volk ist – die Fähigkeit, wenn sie weit genug entwickelt wird, Israel von ganz alleine zu zerstören. Und solange wir nicht wissen, wie wir angemessen darauf reagieren sollen, ist dies meiner Meinung nach im Grunde das Einzige, was zählt.
    http://www.eurozine.com/articles/2011-01-11-hazony-de.html

    Erschreckend, nicht? Und das am Schabbes.

    Trotz alledem und alledem: Gut Schabbes Ihnen und den jüdischen Lesern!

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  3. schum74 schreibt:

    Wieso wieder Moderation? Was hab‘ ich wieder getan?

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  4. Aristobulus schreibt:

    Liebe Schum, erst die EWG und später die EU waren und sind das wohl einzig logische Mittel, um Schlüsse aus der europäischen Vergangenheit zu ziehen, nicht?
    Seit dem dreißigjährigen Krieg bis Mitte des zwanzigsten Jahrhundert: Kaum was Anderes als Heerzüge, Eroberungen und Gegeneroberungen, gegenseitiges Massakrieren erst en ligne de bataille, dann in Schützengräben, dann per Bombenteppichen. Mit dieser vom Nationalismus verseuchten Dauerkriegsvergangenheit musste aufgeräumt werden, ein für allemal, und diese Leistung (einzigartig) haben Adenauer und de Gaulle geschafft, als sie den Grundstein der EWG legten, der späteren EU.

    Der andere Existenzgrund der EU ist der Fortfall von Grenzzöllen, weil nur ein gemeinsamer Wirtschaftsraum garantieren kann, dass es mit dem Ausräumen der vergifteten alten Kriegsherrlichkeit was wird.

    De Gaulle und Adenauer waren beide konservativ bis sehr konservativ. Keine Spur des aktuellen Traditionshasses und der Beamtendiktatur aus Brüssel, keine Spur vom aktuellen Massenhereinwinken moslemischer Schreier, die nichts und wieder nichts mit Europa verbindet.
    Es liegt an den Entscheidungen der Siebziger Jahre, an den Beschlüssen der sozialistischen Parteien und Verbände, nicht?, dass seitdem jedes positive Ziel der EU (außer dem gemeinsamen Wirtschaften) aufgegeben worden ist.
    Grad der postnationalistische Hass auf Israel und die gleichzeitige Anbiederung an die postnationalistische Umma fußen auf diesen Beschlüssen.

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    • schum74 schreibt:

      Stimmt, Aristobulus. Die EWG und die frühe EU sind nicht als „Maschine zum Zermalmen der Völker“ konzipiert worden. Bis zum Schicksalsjahr 1973 ging es wohl um Abschaffung der Dauerkriege und um Mehrung des Wohlstands. Die so entstandene Einheit der Staaten erwies sich aber als ganz praktisch bei der Übernahme der politique arabe, die De Gaulle in seinem Land eingeleitet hatte.

      Neben seinen sonstigen Verdiensten war der gute De Gaulle nämlich Vorrreiter in zwei Dingen: in der Umschreibung der französischen Geschichte (Mehrheit des Volkes in der Résistance) und in der Ermutigung des Nachkriegsantisemitismus.
      Kein Jude wird die Rede vergessen, die den Antisemitismus in Frankreich wieder salonfähig gemacht hat. „Libération de la parole antisémite“, nennt sich die Chose in Voltaires Land – Befreiung der antisemitischen Rede: Die Juden, ließ Mon Général wissen, seien „un peuple d’élite, sûr de lui-même et dominateur“ – ein elitistisches Volk, selbstsicher und herrisch. Alles was die Franzosen so gern gewesen wären: ausgewählt und herrisch. Aber womit?

      „Setzen Sie sich doch!“, sagte der Erzbischof zu seinem himmlischen Besucher. „Gerne, Monsignore“, sagte der Engel, „aber ich habe nicht womit“.

      Auch die EU hat heute nicht womit, aber zum Judenhass reicht’s.

      Dawar acher – anderes Thema:
      Darf ich heute Abend noch was sagen zu den Erdnussbutterkeksen? Du hast von Sonntag gesprochen, aber jetzt weiß ich nicht: Meinst Du Sonntag-Sonntag oder Jom rischon? 🙂

      Gute Woche an Alle!

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    • schum74 schreibt:

      Nachschlag:
      …erst die EWG und später die EU waren und sind das wohl einzig logische Mittel, um Schlüsse aus der europäischen Vergangenheit zu ziehen, nicht?

      Der oben zitierte Historiker Yoram Hazony („Ist die Idee des Nationalstaats überholt? Israel aus europäischer Sicht“, Merkur, 65. Jahrgang, Heft 740, Januar 2011) meint, dass es sich um einen Trugschluss handle. Nicht der Nationalismus habe Europa zerstört. Und er führt u. a. aus:

      Im Zentrum der Idee des Nationalstaates steht die politische Selbstbestimmung der Völker. Der Nationalstaat ist eine Regierungsform, die ihre politischen Ambitionen auf die Herrschaft einer Nation beschränkt und die Schaffung der Freiheit für diese Nation. Der Nazistaat aber war das genaue Gegenteil davon: Hitler lehnte die Idee des Nationalstaates als einen Ausdruck westlicher Dekadenz ab. Seiner Ansicht nach sollte das politische Schicksal aller Nationen von dem neu entstehenden deutschen Reich entschieden werden: Hitler sah ja in seinem Dritten Reich eine verbesserte Version des von ihm so genannten Ersten Reiches, das nichts anderes war als das Heilige Römische Reich. Das Ziel der Nazis war also dem der westlichen Nationalstaaten diametral entgegengesetzt. Hitlers Traum bestand eben darin, sein Reich auf deren Untergang zu gründen.

      Aus derselben Geschichte haben die Juden bekanntlich den umgekehrten Schluss gezogen, nämlich auf die Schaffung eines Nationalstaates zu setzen. Gerade um diesen Gegensatz und seine tragischen Folgen geht es im niederschmetternden Merkur-Essay.

      Die Beschlüsse der sozialistischen Parteien und Verbände, ja?
      1973 war es Pompidou, der Willy Brandt zum europäisch-arabischen Dialog überredet hat, dem sich dann die übrigen EWG-Chefs anschlossen (Bat Ye’or).
      Korrigiere mich, wenn ich irre: Pompidou war kein Sozialist, nicht?

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      • Aristobulus schreibt:

        … wobei Yoram Hazony etwas ganz Essenzielles auslässt, nämlich den Individualismus des westlichen Nationalstaatsgedankens. Den die Weimarer Republik erstmalig dür die Deutschen versucht hat zu übernehmen, bauend gemeinsam mit der versuchten und fehlschlagenden Westbindung auf einzelne deutsche Aufklärer à la Schiller, Moses Mendelssohn, Saul Ascher, Ferdinand Lassalle usf.

        In England ist dieser Individualismus (die Gesellschaft als Bündnis freier Individuen, nicht als nationale Befreiung fordernder Masse im Kollektiv) sehr alt, geht auf die Parlamentismus des 13. Jahrhunderts zurück (späer auf Hobbes, Locke und den großen Samuel Johnsohn), in Frankreich war dieser Individualismus bestimmend!, seit dem siècle des lumières, den encyclopédistes, und besonders seit den Debatten und Reformen des neunzehnten Jahrhunderts um die Zeit der Dreyfus-Affäre.

        Der jüdische Nationalstaat Israel beruht mit aller Selbstverständlichkeit auf dem Individualrecht, das in der jüdischen Version als ungleich älter als alles Europäische in der Richtung gelten darf.

        Daran muss man diese Analysen aufhängen… ohne das kommt man da nicht weiter 🙂

        Ach, de Gaulle. Der hat die Irrealität der Gegenwart mit erfunden, und mit seiner politique arabe hat er auf’s katastrophale Pferd gesetzt.

        Pompidou, über den muss ich erstmal nachlesen, ich war noch zu jung, als er dran war. Schon in der secondaire so Ende der Siebziger lernte ich, er sei „de droite“ gewesen, also schlecht 😀
        Was hältst Du von Pompidou?

        P.S.
        Über die Erdnusskekse hmm weiter woanders? Da sind die.

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      • schum74 schreibt:

        Was Du über den Individualismus als Kern des Nationalstaatsgedankens schreibst (gute Darstellung nebenbei), ist sicher richtig. Nur: Inwiefern widersprichst Du damit Yoram Hazony, der als Champion der Idee des Nationalstaates nur einen anderen Aspekt betont, nämlich „die politische Selbstbestimmung der Völker“. Beides: individuelle Selbstbestimmung und Selbstbestimmung des Volkes muss sich nicht widersprechen, wie gerade das Beispiel Israel zeigt.
        Es ist mir klar, dass Du an sogenannte Befreiungsbewegungen denkst, deren Sieg wie in Algerien, im Kongo, aber auch in Preußen nach der Schlacht bei Leipzig 1813, mit der Unterjochung der entkolonisierten Völker durch die eigene Herrschaft bzw. mit einer Regression der Lumières geendet hat. Doch muss es so nicht kommen.
        In der EU geht der Abbau der Eigenstaatlichkeit mit dem Abbau der Individualrechte (z. B. auf freie Meinung) einher.

        Von Pompidou, genannt Pompon, weiß ich nur von Hörensagen. Doch der von mir geschätzte Politikwissenschaftler Michel Gurfinkiel zitiert ihn mit einem Satz, den man nicht anders denn als infam bezeichnen kann.
        Weil ich nett bin, bringe ich einen kurzen Auszug aus Gurfinkiels Interview mit The Canadian Jewish News (23.04.2009), in dem es nicht nur um Pompon geht.

        M. Gurfinkiel:
        La France a été gouvernée du Général de Gaulle à Jacques Chirac par des gens qui étaient en réalité profondément antisémites. De Gaulle était antisémite. Un homme qui est capable de prononcer, comme il l’a fait en juin 1967, la fameuse “petite” phrase : « Les Juifs sont un peuple d’élite dominateur et sûr de lui-même », ne peut être qu’un antisémite. De Gaulle a employé ce jour-là le langage de l’extrême droite vichyste. Nous savons aujourd’hui que De Gaulle n’a jamais aimé les Juifs.

        Georges Pompidou est l’ancien employé de la Banque Rothschild qui a répondu un jour, quand il était président, au Baron de Rothschild qui l’interpellait sur ses positions sur Israël: « Il n’y a plus d’abonné au numéro que vous avez demandé ».

        Valéry Giscard d’Estaing appartenait à un milieu d’une droite qui était tellement sûre d’elle-même que la question de l’antisémitisme ne se posait même pas. Pour lui, les Juifs étaient en dehors du circuit. Giscard d’Estaing est le président qui a accepté sans rechigner que son Premier ministre, Raymond Barre, qui était l’antisémitisme incarné, remette en question, et contourne sans ambages, une législation promulguée par le Parlement français interdisant aux Français d’accepter le boycott antijuif pratiqué tous azimuts par les pays arabes. Raymond Barre publia un avis en tant que Premier ministre déclarant que cette loi interdisant le boycott antijuif s’appliquait dans tous les cas sauf dans celui où l’intérêt économique de la France serait en jeu.

        [Vom General de Gaulle bis Jacques Chirac ist Frankreich von Leuten regiert worden, die in Wirklichkeit zutiefst antisemitisch waren. De Gaulle war antisemitisch. Ein Mann, der es fertig bringt, den bekannten Satz von den „Juden als einem elitistischen Volk, selbstsicher und herrisch“ im Juni 1967 auszusprechen, kann nur antisemitisch sein. De Gaulle hat an jenem Tag in der Sprache des Vichy-Regimes gesprochen. Heute wissen wir, dass De Gaulle die Juden nie gemocht hat.

        Georges Pompidou ist der ehemalige Angestellte der Rothschild-Bank, der als Präsident dem Baron von Rothschild, der ihn zu seiner Haltung zu Israel angesprochen hatte, geantwortet hat: „Die Nummer, die Sie gewählt haben, ist nicht mehr erreichbar“.

        Valéry Giscard d’Estaing gehörte einem rechtskonservativen Milieu an, das so selbstsicher war, dass sich die Frage nach dem Antisemitismus nicht einmal stellte. Für ihn standen die Juden außerhalb des Systems. Valéry Giscard d’Estaing ist jener Präsident, der ohne zu zögern, seinem erzantisemitischen Premierminister Raymond Barre gestattet hat, ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz zu umgehen, das Frankreich verbot, sich dem von den arabischen Ländern praktizierten Israel-Boykott anzuschließen. In einer amtlichen Anzeige erklärte Raymond Barre als Premier, dass dieses Antiboykottgesetz keine Gültigkeit habe, wo das ökonmische Interesse Frankreichs auf dem Spiel stünde.]

        Noch Fragen?

        (Um mir und anti3anti Moderationsärger zu ersparen, setze ich den Link als Extra-Kommentar. Er kommt durch oder nicht.)

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      • schum74 schreibt:

        The Canadian Jewish News, 23.04.2009: « La France va de plus en plus mal »
        http://www.cjnews.com/node/83135

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      • Aristobulus schreibt:

        … ach ja, Raymond Barre, der am Tag des Bombenanschlags auf die Synagoge in der rue Copernic (am SsimcheTojre-Feiertag 1980 mit vier Toten und 46 Verletzten) sagte, dass das Attentat zwar gegen Israeliten gerichtet gewesen sei, dass „aber auch unschuldige Franzosen dabei gestorben“ seien.
        Jahre später sagte Barre, dass der damalige Protest gegen seine Rede naturgemäß „von der jüdischen Lobby losgetreten“ worden sei.

        Die französische sozialistische Regierung unter Mitterand (ab Mai ’81) hat alles getan, um den Bombenanschlag den Rechten unterzujubeln, hat Beweise unterschlagen usf.
        Nu!, ihr war bekannt, dass der Attentäter Hassan mit Vornamen hieß/heißt und ein palästinensischer Libanese war/ist.

        P.S.
        Der Concierge des Hotels gleich gegenüber der Synagoge starb bei dem Attentat. Ich glaube, ich kannte ihn… habe ein Jahr zuvor in diesem Hotel gewohnt.

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      • schum74 schreibt:

        Geht es Dir auch so? Zum französischen Antisemitismus fällt mir immer mehr ein je länger sich das Gespräch hinzieht. Kennst Du diese Bemerkung von Saul Friedländer in einem Interview mit der taz („Die Juden waren der ideale Feind“, 11.10.2006)?

        „Ich bin kein Anhänger der These von Daniel Goldhagen, dass der deutsche Antisemitismus des 19. Jahrhunderts in einer direkten Linie zu Auschwitz geführt hat – oder dass die Linie sogar von Luther bis Hitler reicht. Die Nazis haben, laut Goldhagen, nur die Möglichkeit eröffnet, daß dieser quasi genetische deutsche Antisemitismus zur Tat werden konnte. Das ist falsch. Oder mit dem Historiker George Mosse gesagt: Wenn man sich Ende des 19. Jahrhunderts fragt, wo eine Tat wie Auschwitz passieren kann, dann ist die Antwort völlig klar: in Frankreich.“

        http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2006/10/11/a0144

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      • Aristobulus schreibt:

        … aber ja, je länger ein Gespräch übern französischen Judenhass dauert, um so mehr fällt einem ein-.
        Die Oberschicht (nebst ihren Angängern) strotzte immer vor Judenhass (die Dreyfusaffäre gar als Staatskrise mit fast Bürgerkrieg).

        Spannend auch der Boulangisme gegen Ende des 19. Jahrhunderts, nicht?, als Nationalismus & Sozialismus erstmalig zusammenfanden. Bestimmt war le général Boulanger Antisemit (so weit ich weiß strotzen seine Reden von Ausfällen gegen Bourgeoisie & Finanzen), zumal Georges Clemenceau (der Dreyfusard) sich sehr schön sardonisch über ihn äußerte, grad gefunden: „…Hybride de Murat et de Casanova. Le velours du regard et les dorures du brandebourg“ ; „Il se croyait Bolivar, il ne fut que Mac-Mahon“. ( Diese Kreuzung zwischen Murat und Casanova. Samtiger Blick und goldene Tressen wie aus Preußen. Er glaubte, er sei Bolivar, aber er war nur ein Mac-Mahon. )

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      • schum74 schreibt:

        Frankreichs Präsident Mac-Mahon ist jenes Genie, das angesichts der Überschwemmungen, die 1875 Hunderte von Toten in Toulouse gefordertert hatten, die unsterblichen Worte fand: „Que d’eau, que d’eau… – So viel Wasser! So viel Wasser!“. Soll der Präfekt in seiner Begleitung geantwortet haben: „Et encore, Monsieur le Maréchal, vous ne voyez que le dessus – Und Sie sehen auch nur die Oberfläche, Monsieur le Maréchal“.
        Das sind die Leute, die heute noch das Sagen haben.

        Das Prinzip des von Dir erwähnten Clémenceau: „Je vote pour le plus bête – Ich wähle den Dümmsten“ scheint allgemeines Volksverhalten zu sein.

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      • Aristobulus schreibt:

        … le préfet war immerhin Zyniker 😉 , die haben meist den besten Charakter.
        (À propos, wo ist ein Politiker, der ein anständiger Zyniker ist?, nur ein einziger irgendwo?, ach, man sieht nur Nahlesses, Gabriels, Steinmeiers, Junckers, Dehms, Rahmelows usw. usf.)

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