Die antisemitische Demokratie

Nicht nur aus Politker_innen-, Philosophen- und Pfarrersmund vernehmen wir regelmäßig, dass jeder Bürger und Einwohner Deutschlands den Antisemitismus der Juden wegen bekämpfen möge und um die Demokratie zu retten. Die Frage drängt sich auf, ob sich Demokratie mit Antisemitismus verträgt.

Diktaturen sind nicht immer judenfeindlich. Der spanische Diktator Franco lässt während des Zweiten Weltkrieges vielen Juden das Leben retten, indem er seine Grenzen für Juden durchlässig macht. Der antisemitische Hitlerismus und Stalinismus wollen hingegen alle Juden in ihrem Machtbereich eliminieren. Hitler gelingt es nicht, da er den Krieg zu früh verliert, und Stalin, weil er sich teilweise vom Hitlerismus abwendet, als sein Idol die Sowjetunion vertragsbrüchig überfällt. Als Stalin sich erneut auf die Judeneliminierung besinnt, ist es zu spät. Er stirbt.

Neben diesem eliminatorischen gibt es den vorherrschenden nicht-eliminatorischen Antisemitismus. Vor einiger Zeit wird eine repräsentative Anzahl von deutschen Nicht-Juden befragt, ob sie sich einen jüdischen Lebenspartner vorstellen können. Weit mehr als die Hälfte verneinet die Frage. Die Studie schließt daraus, dass ein hoher Anteil der Deutschen vom Antisemitismus befallen ist. Eine Person, die keinen Juden/Jüdin heiraten will, weil er/sie Jude/Jüdin ist, erfüllt bereits das Kriterium des Antisemitismus! Andrerseits darf niemand in einer Demokratie gezwungen werden, eine bestimmte Person oder eine Person aus einem bestimmten Kulturkreis zu ehelichen, auch wenn es bei bestimmten zu Deutschland gehörenden religiösen Gruppierungen vorkommen soll. Jeder Jude, der aus religiösen oder kulturellen Gründen oder aus Liebe eine Jüdin heiraten will, wird sich über das Ergebnis der Studie freuen, da seine Erfolgschancen steigen. Seine jüdischen Eltern werden ebenfalls sehr zufrieden sein. Das bedeutet, dass dieser private Antisemitismus weder die deutsche Demokratie aus ihrer Verankerung hebt, noch bekämpft werden darf.

Es kommt immer wieder vor, dass Juden ein Arbeitsplatz verweigert wird, weil dem Arbeitgeber die Religionszugehörigkeit des Bewerbers nicht gefällt. Kann dieser Zusammenhang einwandfrei bewiesen werden, so wird der Arbeitgeber nach einem rechtsstaatlichen Verfahren verurteilt und die Demokratie ist gerettet. Meist wird sich jedoch der Arbeitgeber freuen, wenn er von der Religion des Bewerbers erfährt, da sich ein Jude bei ihm bewirbt. Lediglich die Universität Tübingen ist bis vor einigen Jahren (?) stolz darauf gewesen, dass sich kein einziger Jude jemals an dieser Universität habilitiert hat.

Wenn wir den momentan im zivilisierten Teil Europas nicht vorhandenen eliminatorischen Antisemitismus außen vor lassen, so benötigen wir gute Argumente um aufzuzeigen, dass der nicht-eliminatorische Antisemitismus der Demokratie einen Schaden zufügt.

Bereits auf Grund eines nicht-eliminatorischen Antisemitismus darf damit gerechnet werden, dass Juden das Land verlassen, um anderswo zu leben, sei es in Israel oder in einem liberalen Staat, in dem Englisch gesprochen wird. Ein anschließend judenleeres Deutschland würde antisemitisch bleiben, da zum Antisemitismus keine Juden notwendig sind.

Es wäre verwegen zu behaupten, dass Deutschland ohne Juden keine Demokratie mehr wäre, genauso verwegen wie die oft gehörte, jedoch falsche Aussage, dass Deutschland ohne Muslime eine Diktatur darstellte. Ich betone, dass ein demokratisches judenleeres/judenfreies Deutschland nicht deshalb entstanden ist, weil Juden vertrieben worden sind – ganz im Gegenteil: Die Politik versucht sie mit allen erdenklichen Mitteln zu halten – sondern, weil die Juden freiwillig Deutschland verlassen haben werden! Doch selbst wenn alle Juden beschließen würden, in Deutschland zu bleiben, wird es in wenigen Generationen auf Grund der stattfindenden Assimilation so gut wie keine Juden mehr in Deutschland geben. Da Assimilation als Integration ein Wesen der Demokratie ist, bleibt ein Deutschland ohne Juden als Folge der Assimilation/Integration demokratisch.

Gelten die Gesetze für die antisemitischen Demokratie auch für die islamophobe Demokratie? Die Frage muss entschieden verneint werden. Im Gegensatz zu Juden sind Bekehrungen zum wahren Glauben bei Muslimen wie bei Christen ein heilige Pflicht! Ein entscheidender Teil der im Abendland lebenden Muslime will ihre Kultur und Religion auf Nicht-Muslime ausweiten. Eine Ausweisung von Muslimen aus Deutschland, selbst wenn sie auf Freiwilligkeit beruht, widerspricht somit jeglicher Demokratie, weil sie die demokratischen Freiheiten vieler Muslime unterdrückt!

Warum will ein Teil der deutschen Bevölkerung, dass Juden in Deutschland leben? Trifft es überhaupt zu, dass Deutsche darauf bestehen, dass Juden in Deutschland leben? Wie würde die Antwort lauten, wenn man die Bevölkerung statt auf Juden auf Inuits befragen würde?

Wir wissen, dass in Deutschland Mahnwachen und Gedenken ein unverzichtbarer Teil der deutschen Kultur sind. Mahnwachen und Gedenken sind logisch betrachtet eine Kultur des Todes! Man kann nur Ereignissen gedenken, die sich bereits ereignet haben. Mahnen heißt, dass sich solche Ereignisse nicht wiederholen mögen. Doch wie soll sich beispielsweise ein Krieg gegen die Verbündeten Frankreich oder Polen ohne ausreichende Waffen und Soldaten wiederholen? Deshalb wird gerne an Ereignissen gemahnt, die keinen allzu engen Bezug zu den zu gedenkenden Tatsachen haben. Letztendlich bleibt solches Gedenken ohne Konsequenzen.

Ein gutes Beispiel der Gedenken-Sinnlosigkeit besteht im Verlegen von Pflastersteinen mit Messingüberzug, die an aufgehäuften Goldzähnen erinnern (sollen?), welche Juden im KZ gezogenen worden sind und unter der Bezeichnung „Stolpersteine“ für 120 € das Stück vertrieben werden. Die Bürger versammeln sich zur Stolpersteinverlegung, um der vertriebenen Toten ihrer Ortschaft zu gedenken, deren lebende Nachkommen in Israel sie im Alltag gewöhnlich mit deutschen Nationalsozialisten vergleichen. Bald werden unterdrückte Palästinenser oder Islamisten, die sich als Opfer der Opfer wähnen, zum gemeinsamen Gedenken eingeladen werden.

Die Woche der Brüderlichkeit, die gerade läuft, ist derart sinnleer, dass selbst der Vorsitzende der Juden in Deutschland daran teilnimmt. Offiziell geht es um das Verstehen des Glaubens des Anderen. Juden sollen das Christentum, Christen das Judentum vom jeweils anderen verstehen lernen. Die wenigen Juden in Deutschland, die in ihrer Religion bewandert sind, zeigen kein Interesse, ihr Wissen mit Christen zu teilen. Juden, die sich für das Christentum interessieren, kommen noch seltener vor.

Vor dem Kölner Dom wird beinahe täglich eine Schandmauer aus vergilbter Pappe aufgebaut, die das Credo des Stürmers: „Die Juden sind unser Unglück“ unter dem Schutz der deutschen Justiz und der deutschen Polizei den Kölnern und Abertausenden von Touristen erfolgreich vermittelt. Drinnen im Kölner Dom verlangt der neue Erzbischof die Solidarität mit den verängstigten jüdischen Mitbürgern.

Gibt es ein trefflicheres Beispiel für die friedliche Koexistenz von Antisemitismus und Demokratie?

Umim

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4 Antworten zu Die antisemitische Demokratie

  1. Chaya schreibt:

    Welcome to Absurdistan……..Well done.

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  2. uwe wienke schreibt:

    Frage: Sind Glaeubige belehrbar?

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  3. jsbielicki schreibt:

    Hat dies auf psychosputnik rebloggt.

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  4. jsbielicki schreibt:

    Nur mit Befürwortung Stalins konnte UN die Gründung de Staates Israel beschliessen
    Man soll Stalin nicht schlimmer machen, als er war.
    Juden verfolgte er ebeno, wie alle anderen, nicht mehr und nicht weniger.
    Von „Eliminierung“, also Ermordung aller Juden in der Sowjetunion kann keine Rede sein.
    Unzählige Juden retteten ihr Leben in der Sowjetunion, sehr viele haben in der UdSSR Karriere gemacht, in der Wienschaft, Kunst und Kultur, auch in der Politik und beim Militär.

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