Die Dürener Zeitung DZ, ein Anhängsel der Aachener Zeitung AZ, ist kein Blatt, das wegen der Ästhetik gelesen wird. Es ist die Tageszeitung, die man liest, um lokal informiert zu sein. Die Positionen der Radarfallen oder ein Mord in der Eifel fesseln den Leser.
Selten findet der Leser einen intellektuell ansprechenden Artikel, den er nicht überfliegt. Auch die Witze passen sich dem Niveau des durchschnittlichen Abonnenten an, auf dass die Zeitung gelesen und verstanden wird. Doch am 29. April 2015 wird auf Seite 15 ein ironischer Leserbrief publiziert, der den Wert der DZ vervielfacht, glücklicherweise ohne den Kaufpreis nachzuziehen.
Zwar ist der ironische Leserbrief von keinem Journalisten geschrieben worden. Doch allein, dass ein geistiger Titan diesen Leserbrief zur Veröffentlichung durchwinkt, ist ein derartiger Verdienst der DZ/AZ, der diesen meinen Artikel erzwingt.
Medias in res: Der Leserbrief verhöhnt die Griechen, weil sie Reparationszahlungen von den Deutschen fordern. In einer notwendigen kurzen Einleitung erklärt der Leserbriefaussortierer dem spannungsgeladenen Leserbriefleser, dass es sich beim Leserbrief um einen ironischen Gedanken handelt:
XY aus Z bringt hinsichtlich der geforderten Reparationszahlungen Griechenlands gegenüber Deutschland als Wiedergutmachung für NS-Verbrechen folgenden ironischen Gedanken ein:
Die griechische Forderung nach etwa 280 Milliarden Euro Reparationszahlungen sollte man mit ähnlichen Ereignissen vergleichen. Aus dem Geschichtsunterricht ist mir in Erinnerung, dass der (griechische) König Alexander der Große so um 333 vor Christus Ägypten überfallen hat.
Ohne die Warnung, dass ein ironischer Gedanke folgt, würde der Leserbriefleser annehmen, dass XY aus Z es ernst meint mit seiner Meinung, die dem durchschnittlichen Leser aus dem Herzen spricht. Der Leserbriefaussortierer und der Leserbriefschreiber verfolgen einen bemerkenswerten Gedanken, der die zunehmend fremdenfeindlichen und rassistischen Einstellung der Bevölkerung Dürens, Deutschlands und Europas treffend spiegelt. Das griechische Heer Alexanders des Großen wird verglichen und somit gleichgesetzt mit Adolf Hitlers Wehrmacht. Die Schlussfolgerung drängt sich auf, dass Adolf Hitlers Mörderbanden sich in Griechenland ähnlich zivilisiert verhalten haben wie die disziplinierten Soldaten Alexanders des Großen in Ägypten. Alexander wird in Ägypten als Befreier gefeiert und zum Pharao gekrönt. Ist Hitler von den Griechen zum König gesalbt worden?
Für die DZ und dem Großteil ihrer Leserschaft ist der Vergleich Alexanders des Großen mit Adolf Hitler ein genialer ironischer Geistesblitz, der nicht nur am Stammtisch zum Schenkelklopfen animiert. Wer heute durch Düren lustwandelt, erkennt in seiner Hässlichkeit deutliche Zeichen der Zerstörung aus dem letzten Krieg, die der augenscheinlich bis heute verehrte Führer verbrochen hat und die „ironischerweise“ an Jarmuk erinnern.
Zum Glück wird nicht der in DZ hochgehaltene Adolf Hitler, sondern der von der DZ verhöhnte Alexander der Große bis heute weltweit verehrt. Der griechische Name „Alexander“ ist seit dem großen Mazedonier bis heute gesellschaftlich akzeptiert. Viele Juden tragen den hebraisierten Namen „Alexander“ mit Stolz, obwohl Alexander Judäa erobert hat. Bedeutende Städte auf allen fünf Kontinenten nennen sich nach dem bedeutenden Griechen, der aus Mazedonien stammt. Er wird als Verbreiter der Zivilisation und der Philosophie in der damals bekannten Welt geachtet, die bis heute beachtliche Nachwirkungen zeigt.
Wir wollen hoffen, dass der zuständige Leserbriefaussortierer eine feste Anstellung bei der DZ/AZ hat, die ihm ein gedeihliches Auskommen garantiert, damit er nicht auf den unironischen Gedanken kommt, in die Zivilisation umzuziehen.
Nachtrag aus der Dürener Zeitung vom 2. Mai 2015, wieder Seite 15.
Gedenken an die Opfer von Tragödien.
In der Marienkirche in Düren wird gleichzeitig an die im Mittelmeer ertrunkenen Menschen und an die Opfer des Erdbebens in Nepal gedacht.
Die offiziellen Katholiken Dürens sind dem Leserbriefschreiber der DZ intellektuell gewachsen. Wunderbar, wie sie sich aus ihrer Verantwortung vor Gott und den Menschen mit Hilfe frommer Worthülsen herauswinden. Die Katholiken gedenken in einem Aufwasch der im Mittelmeer Ertrunkenen und der Toten des Erdbebens in Nepal. Nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen sind die Katholiken Deutschlands und Dürens nicht an das Erdbeben am Dach der Welt beteiligt, jedoch auf Grund ihrer moralischen und finanziellen Bedeutung mitverantwortlich am jämmerlichen Ersaufen der Flüchtlinge, die Europa über das Mittelmeer nicht erreicht haben. Das wohl überlegte gleichzeitige Gedenken an die Opfer in Nepal und im Mittelmeer relativiert die Schuld der Katholiken Deutschlands und Dürens und ihrer Kirche. Genauso gut könnten Katholiken in der Marienkirche in Düren aller Toten gedenken, die am 1. April 2015 verstorben sind, gleich ob sie an Altersschwäche oder durch Mord umgekommen sind, gleich ob die Betenden dem Sterben unbeteiligt zugesehen haben oder am Tod beteiligt gewesen sind.
Ich habe mich mit meinen 84 Jahren abgewöhnt mich über die menschliche Dummheit,
Gedankenlosigkeit zu ärgern. Von der Unbildung nicht zu reden. Ich kann daran sowieso
nicht ändern. Was ich diesbezüglich gemacht habe bzw. zu machen versuchte, das habe
ich in meiner aktiven Zeit gemacht. Trotzdem: Schlimm ist es, sehr schlimm!
lg
caruso
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… aber unserem Nathan hat es offensichtlich Spaß gemacht, die Dürener Zeitung zum hundertsiebzehnten Mal so zu zerreißen, wie sie es verdient hat.
Immerhin 🙂
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