Freiheit, die ich meine

Der grundlegende Unterschied zwischen Demokratie und Tyrannei ist die uneingeschränkte Freiheit. Verschiedene Freiheiten, wie einen Regenschirm aufzuspannen, wenn es regnet, sind auch in den meisten Diktaturen erlaubt, so es Regenschirme zu erwerben gibt. In der Praxis und in der Theorie werden Freiheiten auch in der Demokratie eingeschränkt, da die Freiheit des Einen dort endet, wo die des Anderen beginnt.

Somit taugt die Freiheit an sich nicht als Unterscheidungsmerkmal zwischen Demokratie und Diktatur.

Die Gedankenfreiheit ist grenzenlos. Gewisse Organisationen, die sich auf eine absolute Demokratie berufen, befürchten, dass der demokratische Staat in die Gedankenfreiheit eingreifen werde, sobald die Technik zur Verfügung steht. Das entspräche jedoch der Umwandelung der Demokratie in eine Diktatur! Weltverschwörung und Utopien blühen auch in Demokratien. Und so rotten sich die Gegner der Zukunftstechnik zusammen, insbesondere wenn Gene, CO2 und Atome mit dabei sind.

Solange es keine Technik gibt, Gedanken zu erraten, sind die Gedanken überall frei! Somit taugt die Gedankenfreiheit auch nicht als Unterscheidungsmerkmal zwischen Demokratie und Diktatur.

Der Grad der Freiheit kann gemessen werden, wenn Gedankenfreiheit in die Öffentlichkeit gerät und aus Gedankenfreiheit Meinungsfreiheit wird. Die Meinungsfreiheit soll das Thema sein.

Ist Meinungsfreiheit grenzenlos? Gibt es da keine Einschränkungen?

Es gibt scheinbare Einschränkungen der Meinungsfreiheit, so wenn persönliche Beleidigungen, die als Meinungsfreiheit dargestellt werden, gerichtlich verfolgt werden. Werden die Einschränkungen der Meinungsfreiheit von Vornherein festgelegt (definiert = begrenzt) und nicht von Fall zu Fall im Nachhinein bestimmt, ist also die Freiheit der Meinung à priori bekannt und hält man sich daran, so kann der demokratische Staat einem nichts anhaben. Persönliche Beleidigungen Lebender und Verstorbener, deren Kinder noch leben, gehören nicht zur Meinungsfreiheit, schon gar nicht, wenn die Beleidigten keine Personen des öffentlichen Interesse sind. Hetze gegen Menschen, weil sie einer Glaubensgemeinschaft, einer Ethnie oder einer andern Minorität angehören, fällt wie die persönliche Beleidigung ebenfalls nicht unter die Meinungsfreiheit. Kritik an Texten oder anderen menschlichen Artefakten, inklusive der Kritik am Schöpfer dieser Werke (Literaturkritik) soll in der Demokratie eine erwünschte und geförderte Meinungsfreiheit sein, wozu auch die Blasphemie gehört. Eine demokratische Gesellschaft erkennt man am Ausbreitungsgrad der Blasphemien! Keine Blasphemie ist die Störung einer religiösen Zeremonie, da Gottesdienste private Veranstaltungen für bestimmte religiöse Gruppen sind.

Das Recht auf Demonstrationsfreiheit weist Parallele mit dem Recht auf Meinungsfreiheit auf. Es gehört nicht zur Demonstrationsfreiheit, ein Auto auf dem Demonstrationsweg zu demolieren, sondern es handelt sich hierbei um eine Sachbeschädigung, nach der der Täter verurteilt werden soll, auch wenn gewaltbereite Demonstranten, was in der Demokratie ein Widerspruch in sich sein soll, es anders sehen. Die Aufgabe der Justiz ist es nicht, dem Zeitgeist zu gefallen. Wenn schwächelnde Gerichte der Demokratie schaden, indem sie aus ideologischen Vorlieben das falsche Spiel spielen, dann beweist es, dass die Demokratie in Deutschland noch einen weiten Weg bis zum Optimum hat.

Nun wird niemand ernsthaft behaupten, dass Deutschland ein Land ist, in dem die Blasphemie hochgeschätzt wird. Blasphemische Karikaturen von ästhetischem Wert sind in Deutschland Mangelware. Auch das ist ein Zeichen der demokratischen Unreife. Dafür wird in Deutschland die Hetze gegen Minoritäten stillschweigend bis wohlwollend geduldet. Die Hetze gegen Juden Israels, die der Wikipedia-„Aktivist“ Walter Hermann seit einem Jahrzehnt vor dem Kölner Dom betreibt, ist mit einer Demokratie nicht vereinbar. Seine juristisch bewanderten Freunde halten ihn im rechtlich sauberen Bereich. Moralisch gehören er und seine Hintermänner an den Pranger, was die Bürger, die Politiker und die Kirchenleute Kölns regelmäßig unterlassen. W. H.s tägliche Aktivitäten auf der Domplatte zu Köln sind ein unumstößlicher Beweis, dass die Stadt Köln und ihre Bürger unter gewaltigen Demokratiedefiziten leiden. Insbesondere ist die Domplatte, der Platz der Judenhetze, zu beanstanden, da der Kölner Domvorplatz einer der belebtesten Plätze Deutschlands ist. Wer hier hetzt, hat ausgezeichnete Aussichten, Gehör und Gefolgschaft zu finden. Wer hier die Hetze zulässt, ist mitverantwortlich an antisemitische Ausschreitungen in ganz Deutschland!

Der Aufruf, Israel zu boykottieren (BDS: Boykott, Desinvestition, Sanktionen) ist einer Demokratie unwürdig und fällt weder unter dem Demonstrationsrecht, noch unter der Meinungsfreiheit. Es handelt sich um Hetze gegen Juden, also um vulgären Antisemitismus, wie ihn die Nazis vorgemacht haben.

Die Frage, ob sich Demokratie mit Rassismus oder Fremdenhass verträgt, wird von der übergroßen Mehrheit verneint werden. Die Frage nach Xenophobie oder Islamophobie, die eine Angst gegenüber dem Fremden oder dem Islam ist, wird zwar von einer geringeren Mehrheit verneint, widerspricht jedoch keineswegs einer Demokratie, die Ängste zulässt. Xenophobie ist kein Fremdenhass, Islamophobie ist kein Hass gegen Muslime! Auch in einer Demokratie dürfen Patienten unter Ängsten leiden, die die beste Medizin nicht zu kurieren vermag.

Widerspricht der Antisemitismus der Demokratie?

Christen, Atheisten und Muslime machen beinahe 100% der Bevölkerung Deutschlands aus. Bis zu 25% der Bevölkerung Deutschlands sind entsprechend mehrerer anerkannten Studien Antisemiten. Grob gesagt, sind ein Viertel aller Christen, Atheisten und Muslime Antisemiten. Antisemitismus ist in Deutschland keine Ausnahmeerscheinung, auch wenn die meisten Antisemiten sich weigern, aus Angst vor demokratischen Behörden mit Gewalt gegen Juden vorzugehen. In Diktaturen, die es in Deutschland im letzten Jahrhundert zu Genüge gegeben hat, würden sich alle Antisemiten zur Gewalt gegen Juden offen bekennen.

Diktatur und Antisemitismus gehen Hand in Hand, Demokratie und Antisemitismus bilden keinen Widerspruch. Juden brauchen in der Demokratie nur ausnahmsweise körperliche Gewalt zu befürchten aus dem Grund, weil sie Juden sind. 75% Nicht-Antisemiten reichen aus, dass Juden sich in Deutschland wohlfühlen. Sinkt der Prozentsatz auf weniger als 50, beginnen Juden auch ohne Aufforderung nach Israel auszuwandern

Wieso kann Demokratie unter Antisemitismus gedeihen?

Wer diese Frage richtig zu beantworten glaubt, verdient einen Nobelpreis oder lügt. Ich falle nicht darunter, bin für Anregungen offen. Fest steht, das die Demokratie 25% Antisemiten übersteht, wenn auch nicht schadlos. Der vorhandene Hass auf Juden beim Nicht- oder kaum Vorhandensein von Juden löst sich nicht in Wohlgefallen auf, sondern trifft andere Minoritäten, unabhängig davon, ob sie vorher gemeinsam mit den Mehrheitsantisemiten gegen Juden vorgegangen sind oder nicht. Es ist anzunehmen, dass nach dem Verschwinden der deutschen Juden aus der Islamophobie übergangslos ein Muslim- und Türkenhass entsteht, an dem sich die Kirchen, die dem Mainstream folgend bisher Verständnis und Liebe zum Islam predigen, gerne beteiligen werden. Der Hass auf Muslime wird die Demokratie ins Wanken bringen. Die Muslime werden aus Deutschland vertrieben werden, da keine Juden mehr da sind, die dies verhindern werden.

Können Juden etwas gegen den Kölner Judenhetzer unternehmen, um die Demokratie in Köln und in Deutschland zu festigen?

Ja, sie können. Sie können gegen die Hetze eine BDS- (Boykott, Desinvestition, Sanktionen) Kampagne initiieren. Nicht gegen den wirren Greis, sondern gegen die Kräfte, die ihn schützen. Einige wenige Juden könnten sich vor dem Dom stellen und die Eintretenden, seien sie Gläubige, seien sie Touristen, zum Boykott des Doms auffordern. Um nicht sofort von der Polizei abgeführt zu werden, sollten sie ähnlich verrottete Pappen wie die des Judenhassers benutzen. Wenn die Behörden diese Juden für Gehilfen des Antisemiten halten, können die Juden unbehelligt ihr unkoscheres Werk fortsetzen. Da im nahen WDR einige Juden arbeiten, die sich zwar in der Öffentlichkeit als Juden nicht zu erkennen geben, könnten mit der Zeit trotzdem einige gute Sendungen entstehen, die der Kirche und anderen Verantwortlichen Kölns derart unangenehm sind, dass sie dem antisemitischen Trauerspiel vor dem Dom mit undemokratischen Mitteln ein Ende setzen. Um die Demokratie zu retten, sind auch undemokratische Mittel erlaubt.

Damit wird der Antisemitismus aus Köln nicht ausgetrieben werden, er fällt nur weniger auf.

Ndgg-sw-02

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24 Antworten zu Freiheit, die ich meine

  1. schum74 schreibt:

    „Es ist anzunehmen, dass nach dem Verschwinden der deutschen Juden aus der Islamophobie übergangslos ein Muslim- und Türkenhass entsteht, an dem sich die Kirchen, die dem Mainstream folgend bisher Verständnis und Liebe zum Islam predigen, gerne beteiligen werden.“

    Was lässt Sie annehmen, dass nach Verschwinden der deutschen Juden Muslime hierzulande dran sein könnten, und nicht vielmehr die Nichtmuslime? Sie setzen stillschweigend voraus, dass die Nichtmuslime sich das nächste Angriffsziel aussuchen werden. Aber wer sagt, dass sie die Juden zur Flucht zwingen werden?

    Bis jetzt sind es muslimische Gewalttäter, vor denen man die jüdischen Einrichtungen schützen muss. Steinauge & Co hetzen zwar gerne mit, doch schießen und messern tun sie nicht. Auch Linksradikale halten sich diesbezüglich zurück.

    Lassen Sie jetzt die Juden weg sein. Großer Sieg der „Islamisten“, die man nicht mit Muslimen verwechseln soll, etc.
    Sollten die Sieger nun aufhören? Bemerken Sie irgendeine Nervosität in den Reihen der muslimischen Gemeinde? Der große Vorsitzende Nadeem Elyas betont in einem Focus-Interview (02.09.2002) gleich zweimal, dass „eine islamische Minderheit in einer nicht islamischen Gesellschaft verpflichtet [ist], das System zu respektieren, in dem sie lebt“, doch wer sagt, dass die Muslime in der Minderheit bleiben müssen? Für den Fall, dass sie die Mehrheit bilden, gilt was anderes: „Elyas hat sich mehrfach zu der Pflicht der Moslems bekannt, einen islamischen Staat zu errichten“ (Die Welt, 18.06.2002).
    Ein Blick in Richtung Mittelmeer dürfte Friedenspreisträger Elyas (nicht nur Domschwanz, ätsch!) zuversichtlich stimmen.

    Im Übrigen sehe ich nicht, dass die mehrheitlich untertrainierten und linksgestimmten Deutschen Moslems irgendwas antun. Dazu fehlt vor allem das junge Personal.
    Aber wissen Sie, dass es bei den französischen Nachbarn in den ersten 9 Monaten von 2013 87 Kirchenschändungen, Einbrüche bzw. Brandstiftungen gegeben hat (2012 insgesamt: 52)? 25 Schändungen christlicher Friedhöfe (2012: 21); 8 Angriffe auf Geistliche (2002: 4); usw. usw.
    Ja, in Frankreich sind Moslems ziemlich krille. Das mag mit ihrer Zahl zusammenhängen.

    Wie lautet ein arabisches Sprichwort: „Erst die Samstagsleute, dann die Sonntagsleute“.

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  2. schum74 schreibt:

    Focus, 02.09.2002: „Unterwegs in den Gottesstaat“ ‒ Interview mit Hans-Peter Raddatz
    http://www.focus.de/politik/deutschland/deutschland-unterwegs-in-den-gottesstaat_aid_204349.html?fbc=fb-shares

    Gernot Facius, „Das doppelte Gesicht des Islam in Deutschland: Nadeem Elyas“, Die Welt, 18.06.2002
    http://www.welt.de/print-welt/article395030/Das-doppelte-Gesicht-des-Islam-in-Deutschland-Nadeem-Elyas.html

    Charlotte d’Ornellas, « En 2013, en France, les chrétiens plus agressés que les musulmans », Boulevard Voltaire, 2013
    http://www.bvoltaire.fr/charlottedornellas/en-2013-en-france-les-chretiens-plus-agresses-que-les-musulmans,43219

    Jacques Charles-Gaffiot, « Derrière le chiffre des voitures brûlées, le grand silence sur celui des actes anti-chrétiens », Atlantico, 01.01.2013
    http://www.atlantico.fr/decryptage/derriere-chiffre-voitures-brulees-grand-silence-celui-actes-anti-chretiens-jacques-charles-gaffiot-593100.html

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  3. Dante schreibt:

    Eine demokratische Gesellschaft erkennt man am Ausbreitungsgrad der Blasphemien!

    Nur bei Blasphemien, die auch die im betreffenden Staat vorherrschende Religion betreffen, respektive zumindest anerkannte Religionen, deren Anhängerschaft zumindest eine starke Minderheit darstellt und Ärger machen kann, wenn sie es denn will.
    Blasphemien gegenüber Religionen, die von kleinen, nicht besonders wehrhaften oder aber auch nicht gewaltbereiten Minderheiten ausgeübt werden, taugen nicht als Unterscheidungsmerkmal. Besonders Ruchlose Diktaturen ziehen solche Religionen sogar besonders gerne in den Dreck, etwa indem sie ihnen Ritualmorde an Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft unterstellen.

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    • anti3anti schreibt:

      Ritualmorde unterstellen, ist Hass, keine Blasphemie.

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      • Dante schreibt:

        Beides. Unterstellt wird ja nicht irgendein Mord, sondern um Ritualmord. Damit unterstellt man der betroffenen Religion selbst, eine mörderische zu sein.

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    • schum74 schreibt:

      Wollen wir uns zuerst über die Bedeutung von „Blasphemie“ verständigen? Der Duden definiert sie als „verletzende, höhnende o. ä. Äußerung über etwas Heiliges, Göttliches“.
      So kenne ich’s auch aus dem Französischen. Allerdings scheint sich die Definition von „Blasphemie“ ebenso zu wandeln wie die Definition von „Rassismus“ und „Völkermord“. Sie verbreitert sich, umfasst immer mehr.

      Streng genommen und Duden-mäßig setzt Herabsetzung des Heiligen die Anerkennung seines Heiligstatus voraus. In diesem Sinn handelt ein Nichtmuslim, der sich über Mohämme lustig macht, eben so wenig blasphemisch wie mein Nachbar, der seinen Hund Pluto nennt. Meinem Nachbar ist der griechisch-römische Gott der Unterwelt nicht heilig.

      Eine Blasphemie soll dagegen der arme chevalier de la Barre begangen haben, der dafür 1766 in Abbeville öffentlich verbrannt worden ist, nachdem man ihm die Zunge und die rechte Hand abgeschnitten hatte. Und zwar soll er angesichts einer Prozession den Hut nicht gelüftet und zusätzlich ein windschiefes, morsches Kreuz in einem Friedhof gefällt haben. Als man auch noch Voltaires Philosophisches Lexikon bei ihm entdeckt hatte, war das Maß voll.

      Ritualmordbeschuldigungen haben mit Blasphemie nichts zu tun. Sie sind nichts als erfundene Mordbeschuldigungen. Das „Rituelle“ suggeriert, dass die Juden so was regelmäßig praktizierten, weil sie blutdurstig und überhauptest wären. Immer, immer machen sie so was. Wer wüsste das besser als Sheikh Khaled Al-Mughrabi, der mitten in Jerusalem in der Al-Aqsa Moschee erklärt, wie alles mit allem zusammenhängt:

      “The Children of Israel… would look for a small child, kidnap and steal him, bring a barrel called the barrel of nails… They would put the small child in the barrel and his body would be pierced by these nails. In the bottom of the barrel they would put a faucet and pour the blood.”

      “In the end it reached the point where they were burned in Germany, because of these things, because they kidnapped young children.”

      (Palestinian Media Watch, 02.06.2015: “Jews make matzah bread from blood, sacrifice humans to Satan ‒ in Al-Aqsa lesson”)

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      • anti3anti schreibt:

        „Streng genommen und Duden-mäßig setzt Herabsetzung des Heiligen die Anerkennung seines Heiligstatus voraus.“
        Nein. Nicht die Anerkennung, sondern das Wissen.

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      • Dante schreibt:

        Das Wissen, dass das Herabgesetzte Anderen heilig ist. Man muss nicht selbst daran glauben.

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      • schum74 schreibt:

        Blasphemie, die Herabsetzung des Heiligen, betrifft naturgemäß nur das Heilige der eigenen Gemeinschaft. Sonst müsste ich auf Kuhfleisch verzichten, um die Hindus nicht zu kränken. Dabei haben Kühe gespaltene Hufe und sind Wiederkäuer: zwei gute Gründe nicht zu verzichten.

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      • Dante schreibt:

        Das stimmt so nicht, es ist zumindest nicht die „alleinseligmachende“ Deutung des Wortes „Blasphemie“.
        Laut der Bibel (Lev 24:16) ist auch die Verfluchung Gottes bzw. der Missbrauch seines Namens durch Fremde Blasphemie und als solche zu bestrafen.
        Der bundesdeutsche „Blasphemieparagraph“ 166 verbietet die öffentliche Beschimpfung religiöser Inhalte und Religionsgemeinschaften keineswegs nur Insidern, sondern Allen unter der Voraussetzung, dass diese geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören (was ich übrigens hochproblematisch finde, da die Formulierung § 166 zumindest in meinem Ohr wie ein „die Straße frei“-Paragraph klingen lässt, der gerade gewaltbereite Glaubensgemeinschaften besonders schützt).
        Zu guter Letzt ist die bloße Nichtbeachtung fremder religiöser Inhalte noch keine Beleidigung derselben, wird jedoch von besonders strenggläubigen Vertretern ggf. durchaus so gesehen. Ein Hindu-Nationalist mag den Verzehr von Rindfleisch also durchaus als Blasphemie betrachten.

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      • schum74 schreibt:

        PS. Bei der Gelegenheit: Danke an die Hindus dafür, dass sie nicht bei jedem Rind so einen Aufstand machen wie die Moslems bei ihrem Mohämme. Das wäre kein Leben nicht.

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      • schum74 schreibt:

        An Dante

        Zuerst zu Lev 24,16 im unverzichtbaren Original, ja?

        ואל בני ישראל תדבר לאמור איש איש כי יקלל אלוקיו ונשא חטאו. ונוקב שם ה‘ מות יומת רגום ירגמו בו כל העדה כַגֵר כָעֶזרָח בנוקבו שם יומת. (ויקרא טו-טז)

        We-el Bnej Jisrael tedabér lemór Isch Isch ki jekalél Elokaw we-nassá Chet’ó. We-nokéw Schem Haschem mot jumát ragóm jirgemú wo kol ha-Edá ka-Ger ka-Esrach be-nokwó Schem jumát.

        [Und zu den Kindern Jisraël rede also: Jedermann, der seinen Gott lästert, der trage seine Schuld.
        Wer aber den Namen des Ewigen (mit Lästerung) ausspricht, sterbe des Todes, steinigen soll ihn die ganze Gemeinde; Fremdling wie Eingeborener, wenn er den Namen (lästernd) ausspricht, werde getötet. (Lev 24, 15-16; Zunz)]

        1. Es ist nicht von irgendwelchen Fremden die Rede, sondern ausdrücklich von „Ger“ und „Esrach“.

        – „Ger“ ist der Kanaaniter innnerhalb der jüdischen „Siedlung“; im Talmud und bis heute heißt „Ger“ „Konvertierter“; „lehitgajér“: dem Judentum beitreten.
        – „Esrach“ (im heutigen Sprachgebrauch: Bürger) ist der Nicht-Hebräer innerhalb des Landes.
        – Der Fremde außerhalb der Landesgrenzen heißt „Nochri“. Von ihm, und damit vom zeitgenössischen Nichtjuden, ist nicht die Rede.

        2. In unseren Versen ist bei „Verfluchung“ (Klala) auch von Steinigung die Rede. Bekanntlich haben die Talmud-Meister einen Weg gefunden, Steinigung abzuschaffen.

        Für die Numeri-Leser, die unseren spannenden Dialog darüber auf der Buurmann-Seite „Eine kleine Bitte“ verpasst haben, hier – weil jetzt wichtig – aus unserem Austausch:

        Schum an Dante:
        Dante, weil Du wieder von Steinigung sprichst – ein aktuellstes Thema, leider – und weil außerdem hier viel von Christentum die Rede ist: Weißt Du, dass das Judentum diese Schrecklichkeit aufgehoben hat? „Wer frei ist von Sünde…“: Das ist nicht Jesus, dem es gut gerechnet wird, das sind die Talmud-Meister (Chasal).

        Zwar beschreibt die Tora, deren Stoff ein Jahrtausend umfasst, einige Male diese widerliche Prozedur, doch Chasal haben einen Weg gefunden, selbige toratreu aufzuheben.
        Und zwar verlangen sie als Bedingung dafür, den Lebenswandel einer Frau untersuchen zu lassen, dass der eifersüchtige Mann selbst vollkommen sei, einer, der noch nie gesündigt hat.
        Doch wie heißt es im Buch Schmuel (Samuel)?

        ki ejn Adam aschér lo jechetá – denn es gibt keinen, der nicht gesündigt hätte.

        כי אין אדם אשר לא יֶחֱטָא וגו‘. (שמואל א ח, מו)

        Fein gemacht?

        Dante:
        Dante, weil Du wieder von Steinigung sprichst … und weil außerdem hier viel von Christentum die Rede ist: Weißt Du, dass das Judentum diese Schrecklichkeit aufgehoben hat?

        Ja. Nicht in dem Sinne, dass ich über genau diese Situation explizit einen jüdischen Text gelesen hätte. Ich habe aber im schulischen Religionsunterricht etwas über das Judentum gelernt, unter anderem, dass es die Todesstrafe einst wohl kannte, ihrer Anwendung auch damals schon die allergrößten Vorbehalte entgegenbrachte.

        „Wer frei ist von Sünde…“: Das ist nicht Jesus, dem es gut gerechnet wird, das sind die Talmud-Meister (Chasal).

        Ich erlaube mir, diesem Satz etwas hinzuzufügen:
        Das ist nicht erst Jesus, dem es gut gerechnet wird, das sind die Talmud-Meister (Chasal).
        Wenn es Jesus überhaupt gab, so war er Jude, und zwar ein frommer Jude. Er hat nichts gelehrt, das irgendwie unjüdisch gewesen wäre.

        3. Genauso wie Chasal einen Weg gefunden haben, Steinigung abzuschaffen, haben sie einen Weg gefunden, Strafe – jedwede Strafe – bei Verfluchung des Höchsten zu vereiteln. Wie? Hier geht’s lang mit Raschi:

        ונוקב שם ‒
        אינו חייב עד שיפרש את השם ולא המקלל בכינוי.

        We-nókew Schem –
        Enó chajaw ad sche-jefarésch et ha-Schem we-lo ha-Mekalél be-Chinúj.

        [(Der Mann) ist nicht zu bestrafen, solange er den ausdrücklichen Namen (ha-Schem ha-meforásch) von Haschem nicht in den Mund nimmt, sondern (irgend)eine Bezeichnung benutzt.]

        Und jetzt halt Dich fest, Dante: Den ausdrücklichen Namen von Haschem (ha-Schem ha-meforásch) hat niemand gewusst, außer dem Cohen gadol (Hohepriester) der ihn einmal jährlich, zu Jom Kipur, aussprach. Seit der Zerstörung des zweiten Tempels kennt kein Mensch – nicht einmal Schlomo Sand – diesen Namen, so dass man ihn unmöglich missbrauchen kann.
        Kein ausdrücklicher Name, keine Blasphemie, keine Strafe. Et voilà.

        Sicher war ein Fluch in der Antike etwas anderes als „Geh wohin der Pfeffer wächst!“. Wie die Doppelbedeutung von „Fluch“ nahelegt. Man glaubte noch an die magische Wirkung der Worte. (Was nicht ganz falsch war, wenn man den Erfolg der BDS-Bewegung bedenkt.) Wer das richtige Wort kannte, hatte Macht über das Ding. Sieh auf Iwrit die Doppelbedeutung von „Dawár“: „Wort“ und „Sache“.
        Daher fühlt sich Raschi gedrängt zu präzisieren: We-nókew – Leschon Klala: (gemeint ist) Fluch.

        Zur Erinnerung: Die Tora, das ist die schriftliche Tora + Talmud (mündliche Tora). Die schriftliche Tora ist nach den Worten des Raw Jizchak Ehrenberg aus Berlin „chazi afuj“, halb gebacken. Beides zusammen: Das ist das Brot, das wir essen, das ist Judentum. Wobei „chazi“ (halb) sich auch noch auf das Original bezieht. Die „Bibel“ der Anderen, die ist nicht einmal Teig.

        4. Sogar dann, wenn unsere Tojre die vageste Ähnlichkeit mit dem sog. „Alten Testament“ hätte: Was hätte das Alles mit Definition von „Blasphemie“ im modernen Europa zu tun?

        (Ich duze Dich einfach, weil ich Dich mag. In Ordnung?)

        Schönes Wochenende, Dante! Und gut Schabbes Ari, Caruso, Dr. Warszawski und all den Jidn überall!

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      • schum74 schreibt:

        Weiter zu Deinem letzten Kommentar:

        Auch ich halte den bundesdeutschen „Blasphemieparagraphen“ 166 für einen Anschlag auf die Meinungsfreiheit. Auffälligerweise greift er nicht bei der öffentlichen Beschimpfung von Juden. Die ist offensichtlich nicht geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören. Was uns zu Warszawskis Frage zurückführt: „Widerspricht der Antisemitismus der Demokratie?“. Die deutschen Behörden meinen: Nein.

        An einer für heilig erklärten Sache kann ich mich nicht vergreifen, wenn ich sie nicht als heilig ansehe. Das hat für mich die Klarheit eines Axioms. Ich setze nichts Heiliges herab, wenn ich Kreuze zu Brennholz verarbeite; nur dass ich das aus Rücksicht auf meine Umgebung nicht tue.

        A propos: An der Koran-Behauptung, wonach Jesus/Isa nicht Gottessohn, nicht gekreuzigt und damit nicht auferstanden sei, nimmt die Kirche wohl keinen Anstoß. Bei Nichtchristen geht das in Ordnung. Sonst hätte Papst Johannes Paul II. den Koran nicht geküsst, nicht?

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      • anti3anti schreibt:

        Kein Christ und kein Papst darf nach jüdischem Verständnis eine aufgerollte Thorarolle küssen. Nicht, weil die Thira gegen den christlichen Glauben zeugt, sondern weil er sie entweihen würde.

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      • schum74 schreibt:

        Zum Glück drängt sich kein Papst danach. 🙂

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      • Aristobulus schreibt:

        Päpstlicherseits wird ja jedes Jahr einmal für die Bekehrung der Juden gebetet, weswegen der Past es dann keinem erklären könnte, warum er die Tojre geküsst hätte. Er will sie ja durch Überhöhung abschaffen, wegen des Heilsplans.

        Dass der Papst jedoch dem Koran Bussis gegeben hat, beweist ja nun erschöpfend!, dass man katholischerseits eben nicht für die Bekehrung der Mohammedaner betet.
        Hmmm. Also uns wollen die seit zweitausend Jahren heilsplanerisch missionieren, obgleich wir denen gar nichts tun, aber bei den Mohammedanern geben sie lieber Bussis, obgleich die alle fünf Minuten einen Christen umbringen.

        – Sollten wir einfach mal andere Saiten aufziehen?

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  4. uwe wienke schreibt:

    Sobald es eine Technik gibt, die es erlaubt zu erkennen, was die Menschen so denken, moechte ich gern einmal einen Gottesdienst, gleich welcher Religion, besuchen.

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    • anti3anti schreibt:

      Lieber nicht.

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    • Chaya schreibt:

      Och, ich befuerchte, Sie wuerden sich nicht einmal trauen, mit der Strassenbahn zu fahren oder zum naechsten Supermarkt zu gehen, wenn es dem so waere;)

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    • aurorula a. schreibt:

      Sobald es eine Technik gibt, die es erlaubt zu erkennen, was die Menschen so denken, moechte ich
      … in einem Würfel durch die Galaxie fliegen und jeden der mir entgegenkommt zu Tode erschrecken 😈 . Spätestens wenn die Technik mir das sagt, daß ich das zu möchten habe. Ob ichs eigentlich will oder nicht…

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      • Aristobulus schreibt:

        …mit dieser Technik hat man das dann generell zu möchten, weil nämlich mit dieser Technik außer dieser Technik selbst wohl kein Möchtender mehr übrig ist.

        Trotzdem gutt‘ N8acht 🙂

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  5. ceterum censeo schreibt:

    Schönes Bild am Schluß.

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