Der in Damaskus geborene Islamkenner Prof. Bassam Tibi aus Göttingen kommt als 18-Jähriger nach Frankfurt. Der heute 72-Jährige befürchtet große Konflikte wegen der vielen syrischen Flüchtlinge, die arm sind und falsche Vorstellungen haben.
Auszüge aus einem mit Interview Bassam Tibi am 04.07.16 in der „Welt“:
Mein Vater wollte, dass ich nach Deutschland gehe. Ich bin letztlich darüber glücklich, ansonsten hätte ich Adorno und Horkheimer nicht kennengelernt. Und Mitscherlich, Fetscher, Bloch: Deutsche dieses Kalibers gibt es heute nicht mehr. Das waren Weltgelehrte. Ich liebe Bloch, denn er war jüdisch.
Ich bin als Judenhasser gekommen. So hat man mich in Damaskus erzogen. Für mich war Auschwitz kein Verbrechen. Die beiden jüdischen Lehrer haben mir den Kopf gewaschen. Ich habe meine akademische Karriere als erster Muslim am Washingtoner Holocaustmuseum beendet. Ich verstehe, was Auschwitz ist. Und ich weiß auch: Die Syrer von heute sind Antisemiten. Zuletzt war ich 1965 in Syrien. Ein Bruder lebt als Flüchtling in Schweden. Teile meiner Familie leben in Frankreich und den USA. In Damaskus haben die Assad-Leute unsere Familie vernichtet.
Ich habe in den letzten eineinhalb Jahren mit mehreren Tausend Syrern in ganz Deutschland gesprochen. Die meisten von ihnen sind vom Land. Und unter ihnen gibt es viele Antisemiten. Unter all den Leuten, die ich sprach, war kein einziger Arzt und auch kein Ingenieur.
In Damaskus gibt es Überbevölkerung. Aus der 700.000-Metropole meiner Kindheit sind 3,5 Millionen Menschen geworden. Es gibt Straßengangs, viele Schulabbrecher. Letztens sprach ich eine Frau auf dem Markt von Göttingen an und fragte sie auf Syrisch, ob sie politischer Flüchtling wäre. Sie kannte das Wort überhaupt nicht. Für die Flucht hat sie viel Geld bezahlt. Man spricht von „ethnischer Armut“. Die Konflikte sind vorprogrammiert. Für Euphorie seitens der Deutschen gibt es nun wirklich keinen Grund.
Sie glauben also, dass die Flüchtlinge nur hierher wollen, weil sie in Deutschland gut alimentiert werden?
Ich kenne eine somalische Familie, die schon im amerikanischen Ohio gelebt hat. Der Vater beklagt sich, dass man in Amerika arbeiten müsse und wenig verdiene. Er hat es geschafft, aus Amerika nach Deutschland zu kommen und zu suggerieren, er wäre gerade aus Somalia geflohen. Amerika hat ihm nicht gefallen. Also hat er gelogen. Nun hat er eine Wohnung und die vier Kinder bringen ihm insgesamt so viel Geld ein, wie ich als pensionierter Professor beziehe. Er ist schon drei Jahre hier und spricht kein Wort Deutsch. Das wird und will er nicht lernen.
Als ich das Bundesverdienstkreuz von Roman Herzog verliehen bekam, erklärte ich ihn scherzhaft zu meinem politischen Imam. „Ich füge mich Ihnen“, sagte ich ihm und damit bräche ich muslimisches Gesetz, denn man dürfe nur seinem Imam folgen. Ein Muslim darf zwar vorübergehend in einer nichtislamischen Gesellschaft leben. Aber er darf sich nicht fügen. So sind wir Syrer erzogen.
Es muss einen Reformislam geben, so etwas wie eine Reformation. Es gibt Ansätze, Sufi-Muslime etwa, wo man kritische Textexegese betreibt und den Glaubensakt als etwas Persönliches zwischen sich und Allah betrachtet. Die werden in den muslimischen Ländern unterdrückt. Und auch hier in Europa, wo die Muslime sich frei fühlen können wie sonst nirgendwo, redet man nicht gerade fröhlich über Reformen. Ich kapituliere und befürchte, dass wir auf dem Weg zu noch größeren Parallelgesellschaften sind.
Ich will Zugehörigkeit. Ich will dazugehören. Das, was die Amerikaner „Sense of Belonging“ nennen. Fußballer Thomas Müller sagte kürzlich, deutscher als Özil und Boateng könne man nicht sein. Ich war Berater der US-amerikanischen Armee vor dem Irakkrieg und wohnte auf einem Campus in der Nähe von Washington. Dort erlebte ich geborene Sudanesen, Perser. Sie sangen am Morgen hochemotional die Hymne und sagten: „Ich würde für Amerika sterben.“ Können Sie sich einen Türken vorstellen, der so etwas unter der deutschen Flagge sagt? Ich würde mich gerne als Deutscher begreifen, aber nicht im Sinne des Blutes. Ich bin Staatsbürger, ich bin Grundgesetzbürger. Deutsche Identität ist natürlich nicht nur Nazi-Identität, wie heute noch viele Linke verkünden. Deutsche Identität auf Hitler zu reduzieren, ist Gewalt gegen die Deutschen. Aber es ist hier schwieriger. Cameron kann von „Britishness“ sprechen. „Die Einwanderer müssen unsere Britishness akzeptieren und respektieren.“ Ich möchte gerne in einem normalen Land leben. Deutschland ist aber immer noch nicht normal.
Ich lehrte jüngst an der American University of Cairo. Es gibt dort keine Demokratie. Es wird nicht diskutiert. Der Polizist sagt, wo es langgeht. Wenn diese Menschen hierherkommen und erleben konziliante, freundliche Polizisten, meinen sie, das sei kein Polizist, sondern eine Witzfigur. Sie fühlen sich nicht frei, sondern verloren.
Bei Adorno und Horkheimer habe ich, und das klingt fast schon rassistisch, das logische analytische Denken gelernt. Und ich habe unter Deutschen gelebt, nicht in einer syrischen Parallelgesellschaft. Ich lernte deutsche Sitten und Gebräuche unter anständigen deutschen Linken beim SDS. Das war für mich meine Heimat. Die zehn Jahre in Frankfurt fühlte ich mich wie ein Deutscher, obwohl ich noch nicht einmal eingebürgert war. Ich hatte Frau und Kind. Ich habe aber auch das andere erlebt: Arabische Freunde kamen an die Uni und sagten empört, meine Freundin säße da mit anderen Männern zusammen. Ich antwortete, das seien ihre Kommilitonen und es sei schließlich eine Mensa. Sie fragten, ob ich keine Ehre hätte. Das war schon damals nicht meine Welt! Eine Frau war bei denen entweder eine Mutter oder nur ein Sexualobjekt. Alles ist übersexualisiert. Meine Freunde sagten dann abfällig, ich benähme mich „deutsch“. Ich glaube, so ist das heute noch bei vielen Muslimen.
Man landet nicht richtig in Europa. Ich kenne die libanesische Parallelgesellschaft in Berlin gut. Da gibt es viele Kriminelle. Die türkischen sind zwar besser, die Menschen leben aber auch oft so, als seien sie noch in der Türkei. Und wenn Sie jetzt sehen, welchen Einfluss Erdogan über die türkischen Verbände auf die türkischstämmigen Deutschen auszuüben versucht, dann hören Sie die Nachtigall trapsen.
Vielleicht fünf bis zehn Prozent der Muslime in Deutschland leben wie ich, europäisch. Sie sind integriert, zahlen ihre Steuern, schicken ihre Kinder in die Schulen und wollen nicht auffallen. Voraussetzung ist eine ökonomisch gesicherte Basis und die Sprache. Das sind oft Mittelständler. Aber selbst das schützt nicht. Sogar syrische und iranische Ärzte in Göttingen leben unter sich, und wenn Deutsche dazukommen, fühlen sich die Deutschen fremd.
Es gibt ein Buch, das ist für mich die Bibel der Demokratie: John Stuart Mills „On Liberty“. Das war Pflichtlektüre für die Nachkriegsdeutschen. Ich studierte bei Carlo Schmid, dem Mitverfasser des Grundgesetzes. Die DDR-Menschen sind nicht in diesem westlichen Geiste erzogen worden. Und mit Merkels Entscheidung, eineinhalb Million Menschen ins Land zu lassen, verändert sich Deutschland immens. Das sehen Sie schon an Göttingen: Die Stadt war früher sehr studentisch, 20% waren Ausländer, eine verträumte, idyllische Stadt. Heute sieht sie aus wie ein Flüchtlingslager. Da laufen die Gangs, ob afghanisch oder eritreisch, durch die Straßen, und man bekommt es mit der Angst. Das Göttinger Gemeinwesen ist erschüttert. Und über all das: keine Sitzung oder Debatte des Bundestages! Alles der Alleingang einer Frau.
Wenn man etwas Kritisches sagt, kommt gleich die AfD-Keule! Wir brauchen hier endlich eine Debattenkultur, die diesen Namen auch verdient. Das ist Demokratie. Wir müssen nicht übereinstimmen. Aber wenn ich widerspreche, darf man sich nicht gleich hämisch über mich äußern.
Ich finde die Lage unerträglich. Da kommen Menschen mit keiner Ausbildung und wenig Geld. Und sie erleben eine prosperierende Gesellschaft. All das ist hart erarbeitet. Das kann man nicht einfach verschenken. Mit der Zeit werden aus diesen Gruppen Gangs, die sich das dann holen. Göttingen wird in einem Jahr eine Stadt voller Kriminalität sein. Und das verdanken wir Frau Merkel. Das ist keine Einwanderung wie im Falle Amerikas, wo man sich die qualifizierten Immigranten aussucht. Das hier ist eine demografische Lawine, die über uns schwappt. Der Begriff wurde von Wolfgang Schäuble benutzt, und er hat sich auch nicht dafür entschuldigt. Mehrere Millionen warten darauf, zu kommen. Ich war zehn Jahre nicht in Ägypten, und heute gibt es 15 Millionen Menschen mehr seither. Alle wollen herkommen, einschließlich der Universitätsprofessoren. Es gibt keine einzige Demokratie in Schwarzafrika. Die Armut wächst. Über Libyen werden Millionen kommen und die Probleme der Armut werden sich dennoch nicht lösen.
Erschienen unter
https://www.fischundfleisch.com/anti3anti/islamexperte-tibi-ueber-fluechtlinge-23822
„Göttingen wird in einem Jahr eine Stadt voller Kriminalität sein.“ Das denkt Boko Haram jetzt schon …
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Prof. Bassam Tibi kann man zu seiner Scharfsichtigkeit, zu seiner Unsentimentalität, nur gratulieren.
Doch einen Punkt in seiner Selbstdarstellung hätte ich gern mit ihm geklärt. Den Punkt mit den Juden. Was sagt er im Interview:
„Ich bin als Judenhasser gekommen. So hat man mich in Damaskus erzogen. Für mich war Auschwitz kein Verbrechen. Die beiden jüdischen Lehrer haben mir den Kopf gewaschen.“
Auschwitz kein Verbrechen? So kann nur Einer empfinden, für den die Juden keine Menschen sind, und zwar biologisch keine Menschen. Affen und Schweine vielleicht, obschon ich mit keinem zu tun haben möchte, der Affen und Schweine so behandelt, wie die Nazis die Juden behandelt haben.
Mitleid mit Misshandelten, mit Ermordeten, ist keine Frage des Verstandes, nicht?
Was heißt unter diesen Umständen: „Die beiden jüdischen Lehrer haben mir den Kopf gewaschen“? Sie haben Tibi davon überzeugt, dass sie zwei Arme, zwei Beine… haben? „Wenn ihr uns stecht, bluten wir nicht? Wenn ihr uns kitzelt, lachen wir nicht? …? So in etwa?
Oder hat Tibi aus seinen Gesprächen mit Adorno und Horkheimer geschlossen, dass Auschwitz nur deshalb ein Verbrechen war, weil auch „Deutsche dieses Kalibers“ haben leiden und sterben müssen? Verdacht erregt schon der merkwürdige Satz: „Ich liebe Bloch, denn er war jüdisch.“ Wieso „denn“?
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… vielleicht wegen Blochs und überhaupt wegen der Juden vor der Schoah?
An seinem 70sten Geburtstag vor zwei Jahren ging es Professor Tibi sehr schlecht: http://www.bassamtibi.de/wp-content/uploads/2014/09/Autobiographische-Skizze_Bassam-Tibi.pdf
Sein Text lohnt sich zu lesen, wenn man denn ganz hindurchfindet!, er kreist fortwährend um kreisende Wiederholungen des Selben, die nirgendwo hin wollen, manchmal zusammenhängend, manchmal ganz zusammenhanglos als Wiederholung, wie als Selbstvergewisserung, und wenn man seinem Text folgt, lässt sich empfinden, wie es ist, ratlos und heimatlos zu sein und von niemandem eine Gratulation zum Geburtstag zu bekommen.
In seinem Text geht es um Nestwärme, die Nestwärme aus Damaskus von vor 1962, und jene von seiner ersten Frau in Frankfurt 1968. Was sie ist, diese Nestwärme, oder gar, welche Rolle sie im islamischen Orient spielt (die Jungen auch später als Männer zu emotionalen Kindern zu machen?), verrät Professor Tibi zwar nicht, aber man ahnt es.
Zurück zum Satz „ich liebe Bloch, denn er war jüdisch“: Ich behaupte einfach mal ahnenderweise, dass Tibi solche Sätze wegen der Nestwärme schreibt. Ja? Wegen der jüdischen, die er damals mitten im postnazistischen Deutschland wohl deutlich empfunden hat. So kommen ihm solche Sätze heraus – und auch, weil es ihm schlecht geht.
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Noch mittendrin (S. 10) in der Lektüre der autobiographischen Notizen von Bassam Tibi. Danke für den Link.
Ja, die Lebensbilanz, die Tibi anlässlich seines unbeachteten 70. Geburtstags (1 Email aus der ganzen Welt) zieht, kann auch den Leser herunterziehen: der berufliche Erfolg ist ihm kein Ersatz für Heimat und „Nestwärme“. Deutschland oder die Geschichte einer einseitigen Liebe. Von Schaffens- und Schreibfreude schreibt er bislang nichts. Dabei haben nicht viele Menschen das Glück, Arbeit und Neigung miteinander verbinden zu können. Wer verdient schon seine Miete mit dem Gegenstand seines Interesses?
Man kann nicht umhin, diesen 70. Geburtstag, für Bassam Tibi ein Anlass zu Betrübnis, weil er „heimatlos und entwurzelt zwischen den Kulturen“ sei, mit Elie Wiesels 80. Geburtstag im November 2008 an der Sorbonne zu vergleichen. Wieso an der Sorbonne? Weil Wiesel keine Feier haben wollte mit Wiesel-Wiesel in der Mitte, sondern eine Lerntagung: « Lire, étudier après la Catastrophe – Lernen, studieren nach der Katastrophe ».
Lernen heißt natürlich Tojre lernen. Denn – so begann Benjamin Gross von der Bar-Ilan-Universität seinen Vortrag über die Bücher Hiob und Ruth:
« Ce qui nous réunit vraiment, d’âme à âme, c’est notre ancrage commun dans un livre. … Après la Catastrophe, c’est véritablement rejoindre dans le fond ce qui est notre carte d’identité commune : un rapport ontologique au Livre… »
[Was uns wirklich eint, von Seele zu Seele, das ist unsere gemeinsame Verankerung in einem Buch… Was bleibt in Wahrheit nach der Katastrophe, als zu dem Grund zurückzukehren, der unsere gemeinsame Identität darstellt: eine existentielle Beziehung zu dem Buch…]
Bassam Tibi vermisst die physische Heimat, die er mit 18 Jahren verlassen hat. Vielleicht weil er der Sohn einer Kultur ist, die sich mit Bauten, mit Riesenmoscheen in die Erde stampft. Die Juden nicht. Sie kamen nach Kanaan/Erez Israel mit einem Tragtempel und verließen es wieder mit einem Tragtempel: der Tojre. Der Text, das ist die Heimat. Polen, Litauen, Ungarn – das waren nur Staffagen. Deutschland und Frankreich wohl nicht: eine Luftspiegelung.
So kommt es, dass Elie Wiesel – auch er ein Weltpendler – alles verloren hat, nur nicht seine Heimat.
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A propos Heimat: Gut Schabbes!
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😀 Eh oui, ma chère, genau so 😀
A guttn Schabbes.
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Dieses Welt-Interview mit dem Satz „Es muss einen Reformislam geben, so etwas wie eine Reformation“ ist vom 04.07.2016, ja?
Einen Monat zuvor (Cicero, Juni-Ausgabe) hatte Tibi geschrieben, dass der „Kopftuch-Islam“ über den „Euro-Islam“ gesiegt habe: „Den Euro-Islam wird es nicht geben. Ich kapituliere.“
http://www.cicero.de/salon/islamwissenschaftler-bassam-tibi-ich-kapituliere
Also kapituliert er nicht. Also hält er an der Illusion fest, dass es einen Islam am Rande der 57 OIC-Staaten geben könnte. Einen Islam ohne Scharia. Ein Judentum ohne Halacha. Rühreier ohne Eier. Aber wie heißt es im Französischen: Man soll Berufungen nicht entmutigen.
Wenn Sie jetzt denken, ich würde Bassam Tibi nicht schätzen, dann liegen Sie falsch. Man kann so schön mit ihm streiten.
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… ich find den Tibi großartig, egal was er sagt, denn er ist nie kalt, und er wird nie verstanden. Komisch, beides gemeinsam.
* räusper * Aber Du hast soeben Scharia und Halacha gleichgesetzt, nein?, 😀 😀 , aber Professor Tibi meint das doch nicht so. Er meint das anders.
Wie meint er es denn 🙂 : Er ist ein alter 68er, nicht?, und als 68 glaubt man nicht an Halacha oder an Scharia oder an die heilige Ohrenbeichte, sondern an die Aufklärung und an die sozioökonomische Reform. Ein Tibi-Euro-Islam hätte wohl dem 68er Postkatholizismus entsprechen sollen, als man im dunklen Papismus immerhin die katholische Soziallehre entdeckt und festgestellt hat, dass sie gar nicht weit von moderatem Halbmarxismus oder von moderatem SPDismus entfernt, ja dass sie selbst mit Liberalismus vereinbar sei.
So sollte er sein, der Euro-Islam, aufgeklärt und trotzdem Sonntags a bissele im Koran lesend, wegen der Alhambra, weil die ganz schön ist, und wegen der Gedichte von Rumi, der auch ganz schön dichten kann, und wegen vielleicht was Sozialem darin.
So ist der jedoch nicht geworden, sondern überhaupt gar nicht ist er geworden: Weil nirgends und rein gar nichts aus den 68er Kopflehren je irgendwas Reales geworden ist. Nirgendwo.
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@schum, @ari – für solche (und für fast alle andere) Kommentare – schum gestern, ari heute – liebe ich Euch Beide.
B.T. schätze ich sehr, durch ihn habe ich etwas von der arabischen Welt „verstanden“.
Und auch, was die tatsächliche(n) Ursache(n) des sogenannten Nahost-Konflikts ist
(sind)
Nein, kalt ist er wahrlich nicht. Ich empfinde ihn als sehr menschlich, im bestem Sinne
des Wortes.
Es ist spät, heiß und drückend. Ich muß schlafen.
Gute Nacht Euch und Shabbat shalom
caruso
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A gutte Nacht und a guttn Schabbes, Caruso lib.
Saj gesunt 🙂
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„…als 68er glaubt man nicht an Halacha oder an Scharia oder an die heilige Ohrenbeichte…“
Wer setzt hier Halacha und Scharia gleich? 🙂 Und gar noch mit (heiliger) Ohrenbeichte? 🙂 🙂
Ich habe von Gesetz und Ausführungsbestimmungen gesprochen. Nun gibt es verschiedene Gesetze. Die Nürnberger Gesetze waren auch welche.
Alter 68er, ja-ja. Mich wundert trotzdem, dass Bassam Tibi, der sich zu Recht als profunden Islamkenner bezeichnet, an der Vorstellung noch festhält, dass der Islam reformierbar sei. Hört der Koran auf, das diktierte Wort der Gottheit zu sein (Allahs Inverbierung), dann zerfällt er als Menschenwort in zwei Teile: in den von Hassausbrüchen und Mordaufrufen durchzogenen Teil aus Medina und den Eierkuchenteil aus Mekka. Der erste Teil ist unannehmbar, der zweite bestenfalls überflüssig, da im Christentum bestens aufgehoben.
Zusätzlich ist im real existierenden Islam gerade der medinensische Teil voll gültig, während der mekkanische Teil offiziell abrogiert (aufgehoben) ist. Warum steht Letzterer dennoch weiterhin im Koran? Weil die Pietät verbietet, Allahs frühes Wort wegzuwerfen. Doch im selben Koran gibt Allah die Anweisung, „die bessere“, spätere Version seines Diktats zu befolgen; die Gewalt strotzende aus Medina:
Koran 2:106: Was wir auch an Versen aufheben oder in Vergessenheit bringen, Wir bringen bessere oder gleiche dafür. Weißt du nicht, daß Allah über alle Dinge Macht hat?
Und dagegen will Tibi allein oder mit den 42 Netten vom Journal du Dimanche anrennen? Will die Mohämmer, die noch in der dritten Generation in Europa nicht angekommen sind, mit einem „Euro-Islam“ beglücken? Und auch noch zu einer Zeit, da der Original-Islam auf dem Siegeszug ist?
Schon der Eurokommunismus war ein Flop. Kommunismus ohne Klassenkampf, ich bitte Dich! Da kann man gleich Sigmar Gabriel wählen.
Gut Schabbes und schönes Wochenende an Alle!
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Inzwischen ist mir aufgegangen, wozu die Muslime den vorzeigbaren Koran-Teil hauptsächlich aufbewahren: zum Vorzeigen. Überholte Verse für interreligiöse Gespräche. Wo Dschihad? Was Dschihad? Hier, sehen Sie selbst: „Kein Zwang in der Religion“.
Nicht das ist das Schlimmste, dass Prof. Tibi in den „Autobiographischen Notizen“ (2014) „fortwährend um kreisende Wiederholungen des Selben [kreist]“, sondern dass die Menschen, deren Namen oder Funktion er bloß nennt, nur um seinetwillen zu existieren scheinen: als Ehre/Geborgenheit-Geber oder als Ehre/Geborgenheit-Verweigerer.
Wie beschreibt Tibi seine Mutter? „Meine Mutter, die mich 1944 geboren hatte, als sie 16 Jahre alt war (geb. 1928), verkörperte für mich den Inbegriff der Liebe.“ Keine weitere Angabe; von anschaulichen Beispielen ganz zu schweigen. Man erfährt nicht einmal, was aus ihr und dem ganzen Tibi-Clan in Syrien geworden ist.
Die deutsche Kriegswitwe, die ihn bei sich aufgenommen und in ihren Kriegswitwenkreis eingeführt hat? Sie war gut zu ihm. Wie hat sie gelebt, was durchgemacht? Worüber haben die 70-Jährigen (décidément!) geplaudert? Darüber kein Wort. Sie waren gut zu ihm. Punkt.
Und so bis zum Schluss. Peter Scholl-Latour, betont Tibi, war ein enger Freund. Eine gute Gelegenheit, den Freund aus der Nähe zu beschreiben, nicht? Das eine oder andere Gespräch wiederzugeben, wenigstens auszugsweise. Meinetwegen ein Wörtchen zur Frisur. Doch vom ganzen Scholl-Latour hält Tibi nur zwei Sätze fest (an Gäste gerichtet): „Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich nur einen Namen nenne, den meines Freundes Bassam Tibi. Ich habe viel von ihm über den Islam und den arabischen Orient gelernt und verdanke ihm viele meiner Erklärungen dieses Weltteils.“
So viel zu ‒ Scholl-Latour. Alle Anderen, bis auf Tibis beide Frauen, sind nicht einmal als Phantomzeichnungen vorhanden.
Und so wie es in diesen Notizen keine Menschen für sich gibt, außerhalb der unmittelbaren Interessensphäre, so gibt es außer flüchtigen Bemerkungen über Syrien und die USA keinen Gedanken, keine Idee, die über Tibi hinauswiese.
Dafür in den 25 Seiten etwa 60 Mal das Wort „Geborgenheit“.
Nun macht in einer seelischen Krise niemand eine gute Figur. Aber das ist nicht die Schrift eines unglücklichen Gelehrten. Das ist ein Baby-Tagebuch (Brust gekriegt/ keine Brust gekriegt). Oder sind wir schon im Kindergarten (Belohnung gekriegt/ Strafe gekriegt)?
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Genauestens. Ganz-ganz genau.
Diese fast narzisstische Selbstbezogenheit hatte ich noch kaum bedacht… er wirft sich ja selber „Lamentieren“ vor, nicht?, nein, er wirft es sich nicht vor: Er wirft Anderen vor, dass sie seine biografische Suche und sein Leid so bezeichnen.
Und das findet er kalt, das findet er ebenso kalt wie das Ausbleiben der Geburtstagsgrüße.
Und er sagt nur, was seine 16-jährige Mutter für ihn war; aber er sagt nicht, was sie für diese damaszener Frühest-Ehe selber aufgeben und erleiden musste.
Dafür in den 25 Seiten etwa 60 Mal das Wort „Geborgenheit“.
Yep. 😳
Aber ist es nicht so, nein muss es nicht so verlaufen, wenn man sich von jemandem helfen lässt?, dann rollt man alles ganz über den Anfang wieder auf?
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Auf die Gefahr hin, mir Carusos Sympathie zu verscherzen:
Schreibt Bassam Tibi, S. 22:
„Und noch eine Illusion: Die Hoffnung des arabischen Frühlings 2011 zerschlug sich an den Felsen der Realität; statt in Demokratie und Befreiung endete die Rebellion von 2011 in Mord und Blut.“
A tomber sur le c..! Hmm. Ich glaub‘, mein Schwein pfeift! Wie? Ein durchschnittlicher Zeitungs-/Blogleser hatte Wochen vor Ausbruch des „arabischen Frühlings“ die Pew-Umfrage zu den Einstellungen in der arabischen Welt zur Kenntnis genommen, und Bassam Tibi hatte Illusionen?
Klicke, um auf Pew-Global-Attitudes-Muslim-Report-FINAL-December-2-2010.pdf zuzugreifen
Am 02.02.2011 war Lizas Welt so freundlich, die Eckdaten für Ägypten zu wiederholen:
„(…) Aus der Sicht der Gotteskrieger entwickeln sich die Dinge gerade in ihrem Sinne, und ein Blick auf eine Umfrage des renommierten Washingtoner Pew Research Center vom Dezember 2010 zeigt, dass ihre Sehnsüchte durchaus eine solide Basis haben könnten: Demnach sympathisieren immerhin 20 Prozent der ägyptischen Muslime mit Al-Qaida, 30 Prozent mit der Hizbollah und 49 Prozent mit der Hamas. 77 Prozent befürworten das Handabhacken bei Diebstahl und Raub, 82 Prozent die Steinigung bei Ehebruch und 84 Prozent die Todesstrafe bei einer Abkehr vom Islam.“
Zitat Ende.
Falls die Al-Qaida-Sympathisanten nicht gleichzeitig Hizbollah- und/oder Hamas-Sympathisanten waren, so waren im Dezember 2010 99% der Ägypter für Mord und Totschlag. Und in den übrigen arabischen Ländern? Das gleiche Bild.
Und von den Leutchen erwartete sich Bassam Tibi Demokratie und Befreiung! Islam-Experte muss man sein.
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Das Expertendasein ist halt alles Andere als umgekehrt proprtional zum Illusionismus.
Ja man kann behaupten, dass das Expertendasein, egal welches, genau das Selbe wie irgend Illusionen über egal was ist.
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Lizas Welt, 02.02.2011: „Erdbeben im Nahen Osten“
https://lizaswelt.net/2011/02/02/erdbeben-im-nahen-osten/
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Ein Letztes noch zu Tibis „Autobiographischen Notizen“.
Was hat Bassam Tibi inzwischen gegen Amerika?
„Doch nach dem 11. September 2001 verwandelten sich die US in einen Horror-Staat, der unter der Terrorismus-Paranoia leidet und den ich strikt meide.“ (S. 21)
„Das kalte, von der Terrorismus-Bekämpfung besessene Amerika zwang mich jedoch, in das Europa der Aufklärung zurückzukehren.“ (S. 22)
Man möchte nicht unhöflich sein, aber – wie soll ich sagen: Wenn jüdische Terroristen das anrichten würden, was Tibis Glaubensgenossen unaufhörlich anrichten, würd‘ ich es vermeiden, mich über die „Terrorismus-Paranoia“ meiner Umgebung zu beklagen.
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Just von dieser Stelle über „Amerika!, kalt!, böse!“ werd ich seit gestern verfolgt.
In der Nacht hab ich überlegt, ob mitten in Professor Tibis Schlechtgehen jetzt ein Stück nein ein Schluck seiner arabischen Muttermilch zurückkommt?, mit der er sich suggeriert, dass jemand, der auf arabischen Boden eindringt, ein Eindringling sei, weil dieser arabische Boden heilig sie, weswegen der Eindringling nur der Satan sein könne (diese äußerst eigenverantwortungsfeindliche Kurzschluss-Gedankenkette funktioniert mohammedanischerseits seit je her bestens bei den USA, dem großen, und bei Israel, dem kleinen Satan), aber heut Morgen war ich nicht mehr so sicher.
Jetzt denk ich mir so, dass Professort Tibi sich für Krankheit und vielleicht (wegen Heilung) für’s biografische Zurückgehen entschieden hat, weil er sich ja einst für Heimatlosigkeit entschieden hatte, und also hat er sich dagegen entschieden, in die USA zu gehen. Wo er viel besser aufgehoben (aufgehoben!) wäre als in ähm Geißmar bei ähm-ähmmm Göttingen.
Weil er sich dafür nun einen Grund zurechtlegt, gegen die USA-An-Sich sein zu dürfen, muss es ein möglichst emotionaler und möglichst irrationaler Grund sein, also ein ethnischer Grund der Eigentlichkeit, einer aus der Kindheit, aus dem Herkommen, aus Tradition & Religion. Also werden die USA so merkwürdig hergeholt mit als Kälte & Gnadenlosigkeit verdammt, also mit einem sogenannten Grund, der nur emotional & regressiv und sonst gar nichts ist.
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