Die Nacht aller Nächte war noch nicht vorüber, da atmeten die ersten schon erleichtert auf: Ruhig und friedlich, so der O-Ton rasch verbreiteter Kurznachrichten, sei es dieses Mal am Silvester zugegangen. Auch und gerade in Köln. Ein Irrtum dies, wie wir nun wissen. Die voreilig verkündeten Erfolgsmeldungen verzogen sich schneller als der Schwefelmief vom mitternächtlichen Geknalle. So glatt wie behauptet lief die Sache nämlich nicht über die Bühne – um ein Haar, so darf vermutet werden, wäre es zu weit schlimmeren Auswüchsen als im Vorjahr gekommen. Irgendwie passte das, was dann an News ganz langsam und verstohlen durchsickerte zum Wetter: Der erste Tag im neuen Jahr wand sich aus Nebelverhangenem Zwielicht nur mühsam ins matte Sein zurück. Man sah nicht sehr weit, aber doch deutlich genug, um noch zu wissen, wo man sich gerade befand. Die Stimmung gab der unvermeidliche Kater vor.
Als ernüchternd empfinden wohl noch immer die Meisten, was in Wahrheit erschrecken darf: trotz vorangegangener Medienhype und einem sicherheitstechnischen XXL-Aufgebot, annähernd so stark wie bei einem dieser unsäglichen Klimagipfel, machten sich erneut „rund tausend junge Männer vornehmlich aus dem nordafrikanischen Raum“ (RP-online, 02.01.17) auf den Weg in die Innenstadt. Nun setzen Rudeltreffen wie diese eine gewisse Planung, im Mindesten verbindliche Absprachen und vor allem jede Menge Kontakte voraus. Hier kommt also, leugnen wir es nicht, die Dreistigkeit gewiefter Intensivtäter im Kollektiv zum Ausdruck. Die nahmen sich allen Ernstes vor, genau da weiter zu machen, wo sie und ihresgleichen im Vorjahr aufgehört hatten: Um dieses Mal gewiss noch etwas kräftiger zuzulangen als es schon beim ersten Mal der Fall gewesen war. Hat halt irre Spaß gemacht, also mehr davon. Den Täter zog´s an seinen Tatort zurück. Offenbar wirkte die bloße Präsenz dieser Typen schon so einschüchternd auf das im Einsatz befindliche Heer bundesweit zusammengezogener Ordnungshüter, dass diese sich genötigt sahen, umgehend aufzustocken: “Trotz eines beispiellosen Aufgebots an Sicherheitskräften hat die Kölner Polizei in der Silvesternacht Verstärkung angefordert. Im Laufe des Einsatzes habe sich gezeigt, dass 1500 Beamte nicht ausreichten, sagte der Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies gestern auf einer Pressekonferenz. Schließlich seien über 1700 Kräfte im Einsatz gewesen.“ (RP-online, 02.01.17). Am Kölner Hauptbahnhof und in Deutz wurden vorsorglich größere und kleinere Gruppen abgefangen, von denen, so die immer wiedekehrende Beteuerung, eine aggressive Atmosphäre ausgegangen sei. Mit Straftaten sei jederzeit zu rechnen gewesen, so ein Sprecher der Polizei auf Nachfrage.
Es hat keinen Sinn, sich etwas vorzumachen: Diese Leute haben es wirklich drauf ankommen lassen. Soll heißen: Sie wollten herausfinden, wie weit sie wirklich gehen können – wie oft man überhaupt weiter gehen kann als erlaubt in diesem Land. Nötigung, Raub und Vergewaltigung, die Schlagworte vom letzten Jahreswechsel, hätten um ein Haar auch die vom jüngsten werden können. Klar heraus: Jene über tausend Nordafrikaner männlichen Geschlechts haben die Machtfrage gestellt und damit ganz bewusst diesen Staat und seine ausführenden Organe herausgefordert.
Nun wird von Grünen und Linken der Vorwurf des Rassismus erneuert. Die im Grunde recht clevere Strategie der Polizei, ankommende Gruppen mittels Großaufgebot auszubremsen, indem man sie noch vor dem Weitermarsch einhegt, provoziere die „Frage nach der Verhältnis- und Rechtmäßigkeit,“ so Frau Simone Peter von den Grünen. Sie hätte der Polizei wohl mit derselben Unverfrorenheit Totalversagen vorgeworfen, wäre es wieder so weit gekommen wie im letzten Jahr. Sicher ärgert sie sich am meisten darüber, dass die Bullen ganz ohne Härte und Gewalt auskamen bei der Aktion. Ob sich da noch was finden lässt? Seltsam, dass es allzu oft Frauen sind, die sich schützend vor Leute stellen, für die sie selbst weniger wert sind als der letzte Dreck. Freilich gilt die Empathie nur jenen, die den Musel-Bonus haben. Parteigenosse Volker Beck, der sich ganz unbefangen zu seiner Homosexualität bekennt, legt sich ganz ähnlich ins Zeug für jene, deren Rechtglaube gleichgeschlechtliche Neigungen zur Todsünde erklären. “Polizeiliche Maßnahmen,“ so belehrt uns auch er im gepflegten Beamtendeutsch, “müssen durch Gefahrenlagen oder das Verhalten einer Person begründet sein, nicht in ihrer Identität. Alles andere verstieße gegen die Antirassismus-Konvention der Vereinten Nationen.“
Wer wollte widersprechen. Nicht einmal die Polizei hätte das getan. Aufgrund der Ereignisse des Vorjahres musste beinahe zwangsweise von einer dieser Gefahrenlagen ausgegangen werden, der Anfangsverdacht war also sehr begründet, das entsprechende Verhalten zeichnete sich ja schon ab, aber dahinter lauert wieder ein fieser Generalverdacht, da bleibt also nachträglich immer Luft genug um zu stänkern. Man muss sich bei jeder dieser Gelegenheiten klar vor Augen führen, dass wir, das gemeine Volk, dem Wohl und Wehe dieser Menschen ausgeliefert bleiben. Die müsste man eigentlich noch etwas mehr fürchten als den notgeilen Nafri-Mob.
Diese Damen und Herren stellen sich schützend nicht einzig vor durchgeknallte Minderheiten im eigenen Land, nein: Auch die überwältigenden Mehrheiten außerhalb unseres Landes werden von ihnen großzügig unter Quarantäne gestellt, will meinen: die Volksgemeinschaft des Herrn Erdogan. Fast alle Türken stehen nämlich voll hinter den Pogromen der letzten Monate, mittels derer die AKP bereits das Hitlersche Ermächtigungsgesetz um Längen hinter sich gelassen hat, aber in den immer spärlicheren Berichten zu den nicht enden wollenden Säuberungsaktionen unterdrückt Erdogan angeblich sein eigenes, ihm ergebenes Volk. Eines Tages wird er das auch tatsächlich tun. So weit ist Erdogan jetzt aber noch nicht. Die tobsüchtig herbei gefieberte Todesstrafe werden die Jünger dieses Gurus noch früh genug an ihren eigenen Leibern zu spüren bekommen. Bis dahin darf, bis dahin muss gejubelt werden: siedend heiß vor Erregung. Im Moment verfolgt der Irre vom Bosporus nahezu jeden, der auch nur im Geringsten seiner Hoheit wiedersteht. Wer einfach nur eine andere Meinung vertritt als die vorgeschriebene, kann selbst schon als abgeschrieben gelten. Es trifft, sehen wir von der Masse Kurden in seinem Land ab, wirklich nur die Wenigsten, aber die Meisten reagieren schon auf Nachfrage aggressiv, stellt man das Vorgehen ihres Idols auch nur vorsichtig in Frage. Erdogan zehrt noch immer vom Mythos seiner frühen Jahre, wie weiland Gröfaz, dessen Volksgenossenschaft ja auch bis zum bitteren Ende hielt.
In Istanbul begann das neue Jahr mit einem Massaker. Köln kam noch einmal davon. Der Nachtclub Reina befindet sich übrigens auf der europäischen Seite dieser Metropole. Das darf man ruhig als Omen werten. Fürs neue Jahr und darüber hinaus.
Shanto Trdic, 02.01.17
Ah, ein sehr guter Artikel, exzellent auf den Punkt gebracht: Der unverhohlene Vormarsch des Totalitären, einmal rebellisch (Köln), einmal staatsfromm (Istanbul), und die verlogene Zikaderei von allerlei Bessermenschen in verschiedener (schriller oder moderat-volkerbeckscher) Lautstärke, die noch immer gegen das herbeifantasierte Gespenst eines rechten Rassismus kämpfen.
Wie inständig verzweifelt sie daran glauben.
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Ich finde das einfach abartig (grüner Chor aus dem Off: „abartig saaaaaaaagt man nicht!“),
daß ich ständig instrumentalisiert werde.
Immer wenn ich irgendwo für ein Besuchsvisum für meinen Schatz demonstriere, fragen sie mich scheinheilig: „Ja, wo kommt Ihre Verlobte denn her?“,
um mir zu versichern, „wir stehen doch auf Ihrer Seite“.
Und dann kommt inzwischen immer öfter „Soll sie doch einfach ihren Ausweis wegwerfen und als Syrer kommen, denn dann geht’s ja doch. Höhö.“
Diese Leute machen mich müde.
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„Ja, wo kommt Ihre Verlobte denn her?“
Wo kommt sie her? Wird einer Verlobten (Was ist das?) ein Status eingeräumt, der eine Einreise ermöglichen muss? Fragen über Fragen. Richtige Antworten = Einreise sofort. Falsche Antworten = „Likes“ und Kommentare von Ihren „Freunden“. Ich denke, Sie nehmen die „Likes“?
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Einfacher Denkhinweis für einen, der sich als Schmäher versucht: Es geht um anderthalb Millionen merkelseits hereingewunkener Syrer und Nafris versus einer einzigen Verlobten aus Ostasien, die auf Geier komm raus nicht hereindarf.
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Die Linke soll sich mal nicht so aufspielen, als SED hat sie doch noch viel stärkere Polizeiaufgebote hingestellt. Zudem hat die SED die Ausländerfeindlichkeit und Rassismus in der DDR geschürt, ferner auch die DVU im Westen unterstützt.
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Wenn auf 1 potentiellen Taeter ca. 1,5 Polizisten kommen, nannte man das frueher Polizeistaat.
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Ja, früher. Im alten Wien des fin de siècle kamen unter den Passanten der Innenstadt etwa 1,5 Prostituierte auf 1,0 vorbeihastenden Mann. Das alte Wien, ein Hurenstaat.
Fein, dass heute alles besser und besser wird, wenngleich z.B. in Köln schon 2,5 Nafris auf 1,0 vorbeihastende Nichtnafri kommen.
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