Um gegen alternative Wahrheiten gewappnet zu sein, ist es nötig, die Logik zu beherrschen. Beginnen wir mit dem einfachsten Satz der Logik an einem aktuellen Beispiel:
Die Scharia gehört zum Islam. Der Islam gehört zu Deutschland. Folglich gehört die Scharia zu Deutschland.
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„Letzte Festung Türkei“ heißt ein Theaterstück, das eine rechte Gruppe türkischer Nationalisten und Erdogan-Anhänger in Erlensee (Landkreis Main-Kinzig) aufführen will. Doch die Stadt Erlensee lässt die Aufführung nicht zu. Erlensee will Hass und Nationalismus keine Bühne bieten. Das Stück handelt von dem Putschversuch in der Türkei im Sommer vergangenen Jahres und ist bereits in mehreren europäischen und auch deutschen Städten problemlos aufgeführt worden.
In dem Stück treten mehrere Protagonisten auf, die sich Gruppen zuordnen lassen, denen eine Verschwörung gegen die Türkei vorgeworfen wird: der Gülen-Bewegung, der kurdischen Arbeiterpartei PKK, den USA und Israel. Donald, David und Jakob erörtern die Frage, wer die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gegründet hat. Das Ergebnis lautet, dass Israel den IS gegründet hat, um die Türkei zu schwächen. Wenn die Theatergruppe tatsächlich das Stück aufführen wollte, das sie auf ihrer Homepage bewirbt, dann wäre es gewaltverherrlichend und hart an jeder Grenze gewesen, so Erlensees Bürgermeister Stefan Erb (SPD).
Das tapfere Erlensee ist die erste deutsche Stadt, die die Aufführung des Stückes verhindert: Der Bürgermeister Stefan Erb bedient sich einer Klausel im Mietvertrag, die Untervermietungen nicht gestattet. Offizieller Mieter ist ein Unternehmen, das türkische Hochzeiten veranstaltet, während der Veranstalter der Aufführung ein Deutschtürke aus der Region ist.
Der Bürgermeister Stefan Erb und die Stadt Erlensee verdienen unseren Dank für ihren Mut, sich in diesen postfaktischen Zeiten gegen Rassismus und gegen Hetze gegen Israel einzusetzen.
E-Mail: rathaus@erlensee.de
Dies ist in Deutschland nicht allgemein üblich! Andere Städte in Deutschland und Europa haben die Hetzer gewähren lassen, da sie desinteressiert sind oder weil sie langwierige Prozesse befürchten, die sie verlieren könnten. Vor allem Hetze gegen Israel ist für viele deutsche Richter und Politiker keine verfolgungswürdige Straftat.
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In Deutschland sind noch nie so viele Angriffe auf Moscheen verübt worden wie im vergangenen Jahr. Insgesamt gab es 91 Straftaten. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Abgeordneten Monika Lazar hervor.
Die Zahl der Angriffe ist 2016 um ein Fünftel gestiegen. Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen sind am häufigsten betroffen. Es folgen Sachsen und Baden-Württemberg. Lediglich in zwei Fällen werden die Täter ermittelt. Die in ihrer Partei für Strategien gegen Rechtsextremismus zuständige Frau Lazar sagt: Die Islamfeindlichkeit wächst und zeigt sich in fortlaufenden Angriffen auf Moscheen.
In Deutschland schwirren sehr viele Fake-News herum. Im Internet gründen sich viele Organisationen, die Fake-News aufspüren und benennen. Als braver Bürger habe ich mich entschlossen, ebenfalls gegen Fake-News vorzugehen. Als Mitglied des Bundestages, als Obfrau im Sportausschuss, als stellvertretendes Mitglied im Innenausschuss und im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen und als Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus, muss ja Frau Lazar wissen, dass Angriffe auf Moscheen in Deutschland keineswegs aus Islamfeindlichkeit begangen werden. Vor kurzem hat ein Richter in Wuppertal entschieden, dass Moslemjugendliche, die einen Brandanschlag auf eine Synagoge in Wuppertal verübt haben, keine Judenhasser sind! Der Brandanschlag ist ein Zeichen gegen die in den Augen von Muslimen schlimme Politik Israels.
Nun sind Synagogen nichts anderes als jüdische Moscheen. Angriffe auf islamische Moscheen sind somit kein Zeichen der Islamfeindlichkeit, sondern ein Zeichen gegen die Politik der islamischen Länder, wie die diktatorische Türkei, das menschenverachtende Saudi-Arabien, das massenmörderische Syrien und der terroristische IS. Auch wenn an den islamischen Moscheen kaum sichtbare Schäden entstehen, sind doch Zeichen gegen Diktatur, Menschenverachtung und Massenmord von der deutschen Zivilgesellschaft und ihren Vertretern zu respektieren, zu loben und zu unterstützen.
Haben nur Muslime Narrenfreiheit, wenn sie eine jüdische Moschee anzünden? Gilt nicht seit Trump gleiches Recht für alle Gesetzesübertreter? In den Augen deutscher Rechtsextremisten repräsentieren bestimmte islamische Staaten Diktatur, Menschenverachtung und Massenmord. Linke und Bürgerliche haben gelernt, Diktatur, Menschenverachtung und Massenmord zu akzeptieren. Die tumben Rechtsextremisten sind etwas langsam!
Die Email von Frau Lazar lautet:
Wissen Sie, was mich an Stefan Erbs löblicher Reaktion auf das Propaganda-Stück „Letzte Festung Türkei“ stört? Dass der Bürgermeister von Gewaltverherrlichung spricht, wo er ‚Lüge‘ sagen sollte. Wo ist hier Gewaltverherrlichung? Man könnte im Gegenteil sagen: Gerade weil der Autor bzw. der Regisseur Gewalt schlecht finden, suchen sie einen Schuldigen am Schlechten, die da heißen Putsch und IS.
Das Ergebnis des Stücks, wonach Israel den IS gegründet hätte, verherrlicht nichts, sondern ist schlicht nicht wahr. Eine Verleumdung – die zwar Gewalt gegen Juden nach sich ziehen kann, aber das ist hier nicht der Punkt. Schließlich kann auch Wahrheit Gewalt nach sich ziehen, wie die Karikaturenaffären (Jyllands Post & Charlie Hebdo) gezeigt haben.
Ist es so schwer zu sagen: „Ich beteilige mich nicht an einer Lüge gegen Juden“?
Und was die oft missbrauchten Passepartout-Wörter ‚Hass‘ und ‚Nationalismus‘ („Erlensee will Hass und Nationalismus keine Bühne bieten“) angehen… Damit könnte man auch „Maria Stuart“ verbieten: wegen Anstachelung zu Hass auf die Tudor-Dynastie und wegen englischen Nationalismus. Und was ist mit der „Jungfrau von Orléans“? Weckt das Liebe zu den Engländern und zur katholischen Kirche?
Ein Theaterstück ist kein Zeitungsartikel. Es lebt von Parteinahme. Nur: Lügen sollte es nicht verbreiten.
Ist es nicht gemein von mir, die Guten zu kritisieren, und die Anderen – die europäischen Städte, die das Stück problemlos aufgeführt haben – ungeschoren zu lassen? Nun, zu diesen Anderen fällt mir nichts ein.
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Zweiter Versuch, sich dem Thema zu nähern:
Ist es richtig, das Verbot eines Theaterstücks zu fordern?
Ja, „Letzte Festung Türkei“ ist türkentümeld, antisemitisch und künstlerisch vermutlich nicht weit her. Aber wo kommt man hin, wenn man nach Anastasies Schere greift? Heute „Letzte Festung Türkei“, morgen ein pro-israelisches Stück, das die Leiden der Fantastinenser nicht angemessen würdigt? Je nach Neigung und Windrichtung?
In Genf haben sie schon 1993 Voltaires „Mahomet“ verhindert, weil das Stück geeignet sei, die Mohammedaner zu kränken. 24 Jahre später haben wir in Berlin ein „Abwehrzentrum gegen Desinformation“.
Also laufen lassen? Gibt es keine juristische Handhabe gegen die Lüge, Israel hätte den IS gegründet? Wenn ein Gericht entscheidet, dass diese Lüge den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt und die Aufführungen daraufhin verbietet, dann ist es eine andere Sache, nicht?
Eine Bitte an den Bürgermeister von Erlensee: Suchen Sie nicht, die Aufführung des Stücks per Mietvertragsklausel zu verhindern! Schaffen Sie keinen Präzedenzfall! Klagen Sie!
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Wenn er klagt, verliert er.
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Sie meinen: Hm, auch deutsche Gerichte suchen den Superstar?
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P.S.
Haben Sie mitgekriegt, dass Walt Disney seinen Vertrag mit dem Starblogger „PewDiePie“, i.e. Felix Kjellberg, (53 Millionen Followers) wegen antisemitischer Ausfälle gekündigt hat?
Die Welt (14.02.2017) berichtet mit einer Zurückhaltung, die man sich auch bei anderen Themen wünschen würde:
Es soll bei dem Vorwurf laut „Washington Post“ vor allem um ein Video gehen, in dem Kjellberg Menschen dafür bezahlt, bestimmte Dinge für ihn zu tun. Darunter sollen auch zwei Inder gewesen sein, die ein Schild hochhielten, auf dem „Death to all jews“ (Tod allen Juden) steht.
Die Kritik beziehe sich auf eines seiner Videos, mit dem er lediglich habe zeigen wollen, wie „verrückt“ die moderne Welt sei. „In keiner Weise unterstütze ich irgendwelche hasserfüllten Einstellungen.“
https://www.welt.de/vermischtes/article162065148/Disney-kuendigt-dem-erfolgreichsten-YouTube-Star-der-Welt.html
Sehen Sie, auch Kjellberg ist gegen ‚Hass‘ und – wetten? ‒ auch gegen ‚Nationalismus‘.
Seit letztem August hat „PewDiePie“ 9 Videofilme mit antisemitischen Scherzen auf Youtube eingestellt. Einer von ihnen zeigt eine Jesus-mäßig angezogene Figur, die sagt: „Hitler hat nichts Böses getan“.
Man kann vom Schweden Kjellberg halten, was man will, aber eins muss man ihm lassen: Der hat die unterschwellige Botschaft der Evangelien besser verstanden als Dietrich Bonhoeffer.
PewDiePie‘s letzte Filmchen erfreuen sich großer Popularität auf Neonazi-Webseiten. Der Daily Stormer hat eine Reihe Beiträge veröffentlicht, in dem er Kjellberg mit Recht „Einer von uns“ nennt. „Er normalisiert den Nazismus und greift unsere Feinde an“.
So isses.
http://www.nrg.co.il/online/1/ART2/863/859.html?hp=1&cat=666&loc=59
Unseren täglich Antisemitismus gib uns heute.
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